BauSV 4/2023


Bautechnik

Ein konstruktiv-kritischer Blick auf DIN 18533 Teil 1
Abb. 1: Sich am Fuß einer offenen Baugrube sammelndes Wasser ist kein Indiz für die spätere Wassereinwirkung, sobald die Baugrube verfüllt ist. Aber selbst das in offene Baugruben hineinlaufende Niederschlagswasser kommt in der Regel nicht und nur in Ausnahmefällen als Druckwasser unter die Bodenplatte.

Matthias Zöller


Ein konstruktiv-kritischer Blick auf DIN 18533 Teil 1


Wassereinwirkungen sind Teil der Baugrundbeschaffenheit und werden zukünftig in DIN 4095-1 [1] beschrieben [2]. Der Schutz gegen auf Bauwerksflächen einwirkendes Wasser aus dem Baugrund dagegen ist Gegenstand in den technischen Regeln für Abdichtungen [3] bzw. für wasserundurchlässige Betonkonstruktionen [4]. In bisheriger Ermangelung von Regeln zu Wassereinwirkung im Baugrund haben Letztgenannte auch Wassereinwirkungen behandelt, obwohl sie dafür nicht einschlägig sind. Dieser Beitrag ergänzt den kritischen Blick auf die bisherigen Regelungen mit Lösungen, die im letzten und im kommenden Heft zur Erläuterung der DIN 4095-1 behandelt wurden bzw. werden [2].


1 Anwendungsbereich der DIN 18533

Die Abdichtungsnorm DIN 18533 [3] empfiehlt Abdichtungsschichten gegen von außen einwirkendes Wasser. Dabei sind für den Regelfall Abdichtungen an der Einwirkungsseite und damit an Außenseiten von Wänden und unter Bodenplatten anzuordnen. Nur als Ausnahme sind Abdichtungen auf Bodenplatten möglich, und zwar in Wassereinwirkungsklasse W1-E, Bodenfeuchte, bei einem Abstand der Abdichtung zum Bemessungswasserstand von 50 cm.

Abdichtungen sind nicht erforderlich für Bauteile, die wasserundurchlässig sind, z.B. WU-Bauteile nach WU-Richtlinie [4]. DIN 18533 ist auch nicht anwendbar für Baufeuchte, also z.B. in Betonbodenplatten enthaltene Feuchtigkeit und auch nicht gegen den Feuchtetransport durch Wasserdampfdiffusion.


2 Wassereinwirkungsklassen an Bodenflächen

DIN 18533-1 unterscheidet nach Situation oberhalb (Wassereinwirkungsklasse W1-E, Bodenfeuchte und nicht drückendes Sickerwasser) und unterhalb des Bemessungswasserstands (Wassereinwirkungsklasse W2-E, Druckwasser). Nach dem Verständnis der Norm setzt sich der Bemessungswasserstand aus allen Wasserständen zusammen, die unterhalb der Geländeoberkante theoretisch denkbar sind, und zwar

  • aus dem höchsten zu erwartenden Grundwasserstand,
  • aus einem Wasserstand, der sich aus Sickerwasser durch Stauwasser bildet
  • und einem Wasserstand durch Hochwasser, der als oberer Pegel für alle darunterliegenden Bereiche auch im Erdreich und unter der Bodenplatte anzusetzen ist.

Wassereinwirkungsklasse W1-E liegt nach dieser Norm nur vor, wenn

  • der zu erwartende und anzunehmende Grundwasserstand mindestens 50 cm unter Oberkante der Bodenplatte liegt,
  • die Bodendurchlässigkeit k mindestens stark durchlässig ist (nach [5]) bzw. mindestens 10-4 m/s (nach [6]) beträgt oder eine Dränung nach DIN 4095 [5] errichtet wird
  • und kein Hochwasserereignis zu erwarten ist.

Ist der Boden weniger als stark durchlässig, also ist k < 10-4 m/s, werden in Situationen oberhalb des Bemessungsgrundwasserstands für W1-E Dränungen zur Ableitung des in den Boden bzw. die Arbeitsraumverfüllung infiltrierenden Niederschlags erforderlich, falls nicht Bodenflächen und erdberührte Wandflächen – auf ganzer Höhe – gegen Druckwasser geschützt werden. Von dieser Regel kann abgewichen werden, wenn geotechnische Gutachten geringere Wassereinwirkungen nachweisen.

Dabei wurde schon in der Vorgängernorm DIN 18195-1 [7] übersehen, dass als Voraussetzung für die Empfehlung einer Dränanlage nach DIN 4095 [5] Böden als schwach oder noch geringer durchlässig eingestuft werden. Diese weisen nach der in Bezug genommenen DIN 18130 [6] einen Durchlässigkeitsbereich k von 10-6 m/s bis 10-8 m/s auf. Damit wurden durchlässige Böden zwischen 10-6 m/s und weniger als 10-4 m/s »vergessen«, für die DIN 4095 [5] keine Dränung vorsieht. Die in DIN 4095-1 [1] vorgesehene Grenze zwischen Grundwasserleiter und Grundwassernichtleiter von weniger als k 10-6 m/s ist daher nicht neu, sondern lediglich in der Vergangenheit in den Abdichtungsnormen nicht richtig interpretiert worden.

Man darf sich nicht von in Baugruben sammelndem Wasser irritieren lassen, denn der Bauzustand darf nicht gleichgesetzt werden mit dem späteren Zustand nach Fertigstellung (Abb. 1). Während der Bauzeit läuft von Erdmassen, die neben der Baugrube gelagert werden, Niederschlag in großen Mengen in die Baugrube hinein und sammelt sich am Boden des Arbeitsraums. Das ist nach der Verfüllung der Arbeitsräume nicht mehr der Fall, dabei sind die erheblich geringeren Sickergeschwindigkeiten zu berücksichtigen [2].


3 Zuordnungen

Der Entwurf zu DIN 4095-1:2023-03 [1] enthält das Kontaktflächenmodell, das die Zuordnungen an der Schnittstelle zwischen Baugrund und Gebäude bzw. baulichen Anlagen vorsieht (Abb. 2).

Die Prinzipskizze Abb. 2 beschreibt die Zuordnungen, wofür die jeweiligen technischen Regeln einschlägig sind. DIN 4095-1 beschreibt Wassereinwirkungen im Baugrund an der Kontaktfläche zu Bauteilflächen als Grundlage für Planung und Auswahl von Abdichtungen bzw. WU-Bauteilen, ohne damit vorzugeben, welche Konsequenzen das für die Planung und Auswahl von Abdichtungen bzw. WU-Bauteilen hat.

Die Schutzmaßnahmen gegen das jeweilige einwirkende Wasser sind Gegenstand der Abdichtungsnorm oder der WU-Richtlinie, wobei diese beiden technischen Regelwerke sich nicht zu Wassereinwirkungen äußern sollen, wie das derzeit noch der Fall ist. Nach der Festlegung der Wassereinwirkungsklasse kann die entsprechende Schutzmaßnahme durch Abdichtungen oder Bauteile aus wasserundurchlässigem Beton gewählt werden.

Die Skizze (Abb. 2) enthält eine der möglichen Entwicklungen, aus dem Baugrund nicht nur Wassereinwirkungen, sondern auch Lastannahmen abzuleiten.

Die Abdichtungsnorm DIN 18533 beschreibt die geringere Wassereinwirkung als W1-E, während die WU-Richtlinie diese mit Beanspruchungsklasse BK 2 definiert. Umgekehrt entspricht die höhere Beanspruchungsklasse BK 1 der Wassereinwirkungsklasse W2-E. Ein Vorteil der Neuordnung für Anwender liegt u.a. darin, dass die Wassereinwirkungen einheitlich mit W1 (geringe Einwirkung aus Bodenfeuchte und Sickerwasser im Unterdruck bzw. in Saugspannung) und W2 (Druckwasser) beschrieben werden und nicht mehr nach unterschiedlichen Klassen und dazu im gegenläufigen Sinn unterteilt wird.

Stauwasser und Grundwasser erzeugen Druckwasser an den erdberührten Bauteilflächen. Dennoch ist die Differenzierung nach der Wasserentstehung sinnvoll, da die Ableitung von Grundwasser einen Eingriff in den natürlichen Wasserhaushalt darstellt und eine wasserrechtliche Erlaubnis erfordert. Die Einleitung von Grundwasser in das Kanalnetz ist nach den meisten öffentlichen Entwässerungssatzungen grundsätzlich nicht zulässig.

Bei der Dränung von Stauwasser sind deutlich geringere Wassermengen zu erwarten als bei Grundwasser. Dies eröffnet Betreibern von öffentlichen Entwässerungsanlagen eine Möglichkeit, die Einleitung von Dränwasser in das Kanalnetz – im Ausnahmefall und mit Gebührenerhebung – zu gestatten (s. [2]).


Den ganzen Beitrag können Sie in der August-Ausgabe von »Der Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Abo-Bestellung

Diesen Beitrag finden Sie auch zum Download im Heftarchiv.

 

NEWSLETTER

Der BauSV-Newsletter bietet Ihnen alle zwei Monate kostenlos aktuelle und kompetente Informationen aus der Bausachverständigenbranche.

zur Newsletter-Anmeldung

Zurück zum Seitenanfang