nach heutiger Rechtslage, insbesondere nach der Bauvertragsnovelle vom 10.3.2017
Der Beitrag macht konkrete Vorschläge für die Neufassung derjenigen Bestimmungen der VOB/B, die nach der Rechtslage des neuen gesetzlichen Bauvertragsrechts nicht mehr ohne Weiteres AGB-konform erscheinen.
I. Vorbemerkung
1. Die VOB/B galt über Jahrzehnte als ein in sich ausgewogenes und insgesamt mit den Leitgedanken des gesetzlichen Werkvertragsrechtes übereinstimmendes Vertragswerk. Der BGH (BauR 2004, 668 f.) war deshalb auch der Auffassung, dass Einzelbestimmungen der VOB/B nicht mehr der Inhaltskontrolle des AGB-Rechtes (§§ 305 f. BGB) unterliegen, sofern die VOB/B »als Ganzes« (d.h. ohne Abweichungen in Einzelbestimmungen) Vertragsgegenstand geworden ist. Diese auch von den Untergerichten weitgehend geteilte Rechtsprechung beruhte auf dem Vergleich der VOB/B mit dem bis zum 1.1.2018 geltenden Gesetzesrecht, insbesondere dem Werkvertragsrecht.
Mit dem Gesetz vom 10.3.2017 trat jedoch ein Paradigmenwechsel ein: Das allgemeine Werkvertragsrecht wurde mit Gültigkeitsbeginn vom 1.1.2018 um ein gesetzliches Bauvertragsrecht ergänzt, das in einer Vielzahl von Bestimmungen (§§ 650a–650h BGB; zum Verbrauchervertrag: §§ 650i–650o BGB) insbesondere für das Vergütungsrecht neue Regelungen enthielt, deren inhaltliche Konformität mit der VOB/B jedenfalls vom BGH noch nicht geprüft ist. Abgesehen von den gesetzlichen Grundlagen des Bauvertragsrechtes hatte sich in den Jahren ab 2007 aber auch die Rechtsprechung, insbesondere zum Baumängelrecht des BGB, geändert und im Schrifttum eine heftige Diskussion ausgelöst:
Für den vertraglich zu erreichenden »Werkerfolg« (§ 631 BGB) sollte es nach Ansicht des BGH (Entscheidung v. 8.11.2007, VII ZR 183/05, »BHKW-Fall«, BauR 2008, 344 f.) nicht mehr nur darauf ankommen, welche Beschaffenheit konkret vereinbart war, sondern gleichbedeutend (oder sogar vorrangig) darauf, ob mit dem Werk auch die vereinbarte »Funktion« der versprochenen Leistung erreicht bzw. erreichbar war. Auch diese Rechtsprechung musste aber mit dem Leitbild des Mängelrechtes der VOB/B übereinstimmen, wenn es in der Rechtsprechung dabeibleiben sollte, dass eine unveränderte VOB/B konform mit der Risikoverteilung im Gesetzesrecht war.
2. Der für die evtl. Anpassung der VOB/B zuständige »Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen« (DVA) war deshalb vor die Aufgabe gestellt, die VOB/B mit dem Stand von 2016 textlich so zu überarbeiten, dass die bisherige Konformität wieder erreicht war: Die VOB/B »im Ganzen« entspricht – wieder – in ihren Wertungen dem Gesetzesrecht und seiner herrschenden Interpretation in der Rechtsprechung, sodass die VOB/B insgesamt auch wieder »AGB-fest« ist und ihre Einzelbestimmungen keine AGB-Kritik mehr zu befürchten brauchen.
Der DVA hat diese Aufgabe jedoch bisher zurückgestellt: Er wollte abwarten, wie das ab 2018 geltende Gesetzesrecht in der Baupraxis und Rechtsprechung aufgenommen wird und welche Interpretationen sich dazu in der Kritik ergeben. Ob und wie lange es bei dieser Entscheidung des DVA bleibt, ist abzuwarten. Die baurechtliche Praxis hat aber ein dringliches Bedürfnis, jedenfalls diejenigen Bestimmungen der VOB/B der neuen (ab 2018, teilweise schon früher) geltenden rechtlichen Situation so anzupassen, dass Bauverträge auf der Grundlage der VOB/B künftig rechtssicher sind, weil eben davon auszugehen ist, dass die VOB/B – wieder – »leitbildgerecht« ist, d.h. mit den Wertungsprinzipien des Gesetzesrechts übereinstimmt.
3. Im Folgenden soll versucht werden, für diejenigen Bestimmungen der VOB/B Neufassungen vorzuschlagen, die nach der neu gebildeten Rechtslage nicht mehr ohne Weiteres AGB-konform erscheinen, weil inzwischen neue Leitbilder entstanden sind, von denen der bisher geltende Text der VOB/B (Fassung 2016) mit der Folge abweicht, dass diese Bestimmungen den Verwendungsgegner gem. § 307 Abs. 1 BGB »unangemessen benachteiligen«. Die Gelegenheit dieser Darstellung soll aber gleichzeitig genutzt werden, für unklare und verbesserungswürdige Formulierungen der noch geltenden VOB/B Korrekturen anzuregen.
Das neue Bauvertragsrecht hat seinen Schwerpunkt im Vergütungsrecht, insbesondere in den Folgen nachträglicher Anordnungen des Auftraggebers, die zu einer Änderung des Gleichgewichtes von Leistung und Gegenleistung führen (vgl. insbes. §§ 650b f. BGB). Die insoweit erforderliche Anpassung der VOB/B an das neue Vergütungsrecht des BGB soll späteren Anregungen an dieser Stelle vorbehalten bleiben. Vorliegend geht es zunächst um die Folgen des neuen Gesetzesrechtes für das zentrale Mängelhaftungsrecht (früher: »Gewährleistungsrecht«), das in der bisherigen Version der VOB/B in den §§ 4 und 13 erfasst ist.
Wir beschränken uns deshalb nachfolgend zunächst auf eine kritische Überprüfung folgender VOB/B-Bestimmungen:
- a) § 4 Abs. 1 Nr. 4
- b) § 4 Abs. 3
- c) § 13 Abs. 1 Nr. 1
- d) § 13 Abs. 3
- e) § 13 Abs. 5
4. Die Anpassung der VOB/B darf prinzipiell auch Verbraucherverträge nicht ausklammern, obwohl die VOB/B nach ihrer Ursprungsidee (die Erstfassung stammt aus dem Jahre 1926!) solche Verträge nicht im Auge hatte. § 310 Abs. 3 BGB enthält jedoch eine ausdrückliche Erstreckung des AGB-Rechtes auch auf solche Verträge. Wir beschränken uns hier aber auf die Kontrolle des § 13 Abs. 1 unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebotes sowie – unter gleichem Aspekt – auf die Betrachtung des § 13 Abs. 3. Ansonsten betrifft das AGB-Recht zum Verbraucherschutz (§§ 310 Abs. 3, 46b EGBGB) weniger die Einzelklauseln als mehr die Art der Rezeption der VOB/B in den Bauvertrag insgesamt. Darauf ist an dieser Stelle nicht näher einzugehen.
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