Der »Antrag« des Antragstellers, dem gerichtlich bestellten Sachverständigen bestimmte Weisungen zu erteilen, ist inhaltlich eine bloße Anregung, die für den Fall, dass das Gericht diesem »Antrag« nicht Folge leistet, nicht das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eröffnet.
OLG Rostock, Beschluss vom 09.12.2022 – 4 W 19/22
Zum Sachverhalt
Der Bauherr A ließ in Kalt- und Warmwasserleitungen eines Wohnheims Pressfittings, Rohrleitungen und Aggregate einbauen. Diese wiesen später Korrosionen auf, die zu Leckagen infolge »Lochfraß« führten. A beantragte daraufhin die Begutachtung im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens. Der gerichtlich beauftragte Sachverständige wies u.a. darauf hin, dass die Ursache des Lochfraßes von der Qualität des verwendeten Wassers abhängen würde und demzufolge auch die Frage, ob die Arbeiten und Materialien Mängel im technischen Sinne aufweisen würden, ohne die Feststellung der maßgeblichen Wasserwerte nicht beantwortet werden könnte.
Die entsprechenden Wasserwerte aber seien ihm, dem Sachverständigen, nicht beigebracht worden. Auf die Ergänzungsfrage des A, welches Ergebnis unter Zugrundelegung der aktuellen Wasserwerte des Wassers, welches aus der von ihm betriebenen Wasseraufbereitungsanlage entnommen wird, gegeben wäre, führte der Sachverständige aus, dass ihm für die Beantwortung dieser Frage die entsprechenden aktuellen Wasserwerte ebenfalls nicht vorlägen.
Daraufhin beantragte der A, dass das Gericht den Sachverständigen dahingehend anweisen solle, zunächst selbst die aktuellen Wasserwerte zu ermitteln und sodann die Ergänzungsfrage zu beantworten. Diesen Antrag lehnte das Landgericht mit der Begründung ab, es sei nicht Aufgabe des Sachverständigen, eine aktuelle Wasseranalyse zu betreiben. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers A. Beim OLG hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Die Entscheidungsgründe des OLG dieser ganz aktuellen Entscheidung sind noch nicht im Wortlaut veröffentlicht. Aus den Entscheidungsgründen ist bislang aber bekannt, dass das OLG die sofortige Beschwerde des Antragstellers bereits als unzulässig verworfen hat, da diese nicht statthaft sei. Das OLG hat den Antragsteller darauf hingewiesen, dass das Landgericht – entgegen der Auffassung des Antragstellers – kein das selbständige Beweisverfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen habe.
Ein solches läge ausschließlich dann vor, wenn die Entscheidung nur auf Antrag hätte ergehen können. Nach § 404a Abs. 1, 4 ZPO habe das Gericht aber bereits von Amts wegen die Pflicht, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und diesem Weisungen zu erteilen. Einen Antrag der Parteien hierfür sehe das Gesetz nicht vor. Der dahingehende »Antrag« des Antragstellers könne daher unter prozessualen Gesichtspunkten nur als eine bloße »Anregung« gegenüber dem Gericht angesehen werden, von Amts wegen nach § 404a Abs. 4 ZPO in gewisser Weise tätig zu werden.
Das Landgericht habe demzufolge aber keine Pflicht, dieser »Anregung« nachkommen zu müssen. Auch einer ausnahmsweisen Zulassung einer sofortigen Beschwerde hat das OLG offenbar eine klare Absage erteilt, zumal keine Nachteile zulasten des Antragstellers erkennbar seien, wenn er mit seiner »Anregung« scheitere.
Zu Recht ist das OLG davon ausgegangen, dass es dem Antragsteller zumutbar sei, selbst für die Bestimmung und Beibringung der aktuellen Wasserwerte zu sorgen und diese dann – über das Gericht – dem Sachverständigen zur weiteren Begutachtung vorlegen zu lassen. Soweit der Antragsteller wohl im Rahmen seiner Beschwerde erklärt hat, dass er in dem Fall eine »fehlende Beweiskraft« befürchten würde, ist das OLG dieser Befürchtung nicht gefolgt, sondern soll den Antragsteller wohl auf ein späteres Hauptsacheverfahren verwiesen haben.
Anmerkung
Sollte das OLG den Antragsteller tatsächlich auf ein etwaiges späteres Hauptsacheverfahren verwiesen haben, in dem dann zu den Wasserwerten weiter Beweis erhoben werden könnte, erscheint dies wenig zielführend, wenn doch gerade das selbstständige Beweisverfahren dazu dienen soll, ein späteres Hauptsacheverfahren zu vermeiden. Dies kann aber abschließend erst beurteilt werden, wenn der Wortlaut der Begründung des Beschlusses des OLG nach seiner Veröffentlichung bekannt ist.
EMMP
Weitere Urteile finden Sie in der Februar-Ausgabe von »Der Bausachverständige«.
Informationen zur Einzelheft- und Abo-Bestellung
Als Premiumabonnent haben Sie Zugang zur Recherche in unserer Rechtsprechungsdatenbank.