• 17.02.2021

Rechtsprechungstipp: Bauhandwerkersicherungshypothek zur Sicherung des Anspruchs auf Architektenhonorar

Leitsatz

  1. Dem Architekten steht gemäß §§ 650q, 650e Abs. 1 S. 1 BGB unabhängig vom Baubeginn und damit unabhängig von einer eingetretenen Wertsteigerung des Grundstücks dem Grunde nach ein Anspruch auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek zur Sicherung seines Honoraranspruchs zu (entgegen OLG Celle, Urteil vom 6.2.2020, Az. 14 U 160/19).
  2. Im Falle der vorzeitigen Beendigung des Architektenvertrages (hier durch berechtigte Kündigung seitens des AN) ist der Sicherungsanspruch jedoch der Höhe nach gemäß §§ 650q, 650e Abs. 1 S. 2 BGB auf den Honoraranspruch für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen begrenzt; ein Anspruch auf Sicherung des »großen Kündigungsschadens« insgesamt, mithin auch des Honoraranspruchs wegen der nicht erbrachten Leistungen besteht nicht (vgl. KG Berlin, Urteil vom 24.7.2018, Az. 7 U 134/17; entgegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.11.2006, Az. 22 U 83/06).


Sachverhalt

Eine Architektin begehrte die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek für eine Architekten-Honorarforderung in Höhe von zuletzt 2.552.605,34 € zzgl. Zinsen und eines Kostenbeitrags. Das LG Berlin hatte den Antrag durch Beschluss am 9.12.2020 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Architektin der Sicherungsanspruch nach herrschender Meinung nicht zustehe, weil sich ihre bis zur Kündigung des Architektenvertrags erbrachten Planungsleistungen nicht im Bauwerk verkörpert und damit nicht zu einer Wertsteigerung des Grundstücks geführt hätten. Gegen diesen Beschluss wandte sich die Architektin mit einer sofortigen Beschwerde, der das Landgericht unter Beibehaltung seiner Rechtsauffassung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat beim Kammergericht Berlin vorgelegt hat. In der Sache hatte die Beschwerde nur teilweise Erfolg und führte – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen – im tenorierten Umfang zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.


Aus den Gründen

Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht der Antragstellerin wegen ihrer Honorarforderung aus dem Architektenvertrag vom 18. Oktober 2019 ein Anspruch auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek aus §§ 650q, 650e Abs. 1 S. 1 BGB zu, den sie im Wege der einstweiligen Verfügung durch Eintragung einer Vormerkung gemäß §§ 883 Abs. 1, 885 Abs. 1 BGB, §§ 935 ff. ZPO sichern kann.

Soweit das Landgericht unter Hinweis auf Rechtsprechung und Literatur einen Anspruch der Antragstellerin auf Sicherung ihres Honoraranspruchs durch eine Bauhandwerkersicherungshypothek mit dem Hinweis verneint, dass sich das planerische Werk der Antragstellerin – insoweit unstreitig – bis dato nicht in dem Bauwerk auf dem in Anspruch genommenen Grundstück ... verkörpert hat, folgt der Senat ihm nicht. Denn sowohl die vom Landgericht zitierte Rechtsprechung als auch die in der Entscheidung angegebenen Literaturstellen betreffen überwiegend die alte Rechtslage vor Einführung des Bauvertragsrechtsreformgesetzes (BauVertrRRG) zum 1.1.2018, die im Hinblick auf die Neufassung der §§ 650q und 650e BGB zum 1.1.2018 so nicht weiter aufrechterhalten werden kann. ...

Im Rahmen des zum 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Bauvertragsrechtsreformgesetzes (BauVertrRRG) hat der Gesetzgeber durch den neu geschaffenen Untertitel für Architekten und Ingenieure und die darin enthaltene Verweisungsnorm des § 650q BGB die frühere Rechtsprechung insoweit normiert, als dem Architekten nunmehr kraft Gesetzes ein Anspruch auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek zusteht, dessen Voraussetzungen sich nach § 650e BGB richten.

Soweit das Landgericht u.a. unter Hinweis auf Rechtsprechung und Literatur davon ausgeht, dass auch nach Einführung des BauVertrRRG weiterhin die Einschränkung gilt, dass der Sicherungsanspruch davon abhängt, dass mit der Bauausführung bereits begonnen wurde und sich somit der Wert der erbrachten Leistung im Bauwerk verkörpert hat, folgt der Senat ihm nicht. Denn dafür, dass der Gesetzgeber diese – vom Bundesgerichtshof (s.o.) bereits im Jahr 2000 nicht mehr in diesem Sinne anerkannte – Einschränkung auch unter Geltung des neuen Bauvertragsrechts aufrechterhalten wollte, ohne sie zugleich ausdrücklich zu nominieren, sind keine hinreichenden Anhaltspunkte erkennbar. Solche ergeben sich entgegen der Ansicht des Landgerichts insbesondere nicht aus der Gesetzesbegründung zum BauVertrRRG (abgedruckt unter BT-Drs. 18/8486, 68). ...

Dass der Gesetzgeber die Besonderheiten der Architekten- und Ingenieurverträge gesondert regeln wollte, folgt auch daraus, dass für diese Vertragstypen ein eigener Untertitel (§§ 650p ff. BGB) geschaffen worden ist. ...

Damit ist gemäß § 650e S. 1 BGB einzige Voraussetzung für den Anspruch auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek, dass der Architekt sie für »seine Forderungen aus dem Vertrag« begehrt. Selbst die Regelung § 650e S. 2 BGB knüpft nur an die geleistete Arbeit und damit an den für die zu sichernde Forderung erbrachten Gegenwert an, nicht aber an eine bereits eingetretene Wertsteigerung des Grundstücks.

Insbesondere für den planenden Architekten hat dies auch noch aus einem anderen Grund seine Berechtigung. Denn solche Planungsleistungen können sich regelmäßig nur dadurch werterhöhend auf das Grundstück auswirken, dass der ausführende Bauunternehmer unter Umsetzung dieser Planungsleistungen mit den Bauarbeiten beginnt. Dass der Gesetzgeber jedoch im Rahmen der §§ 650q und 650e BGB den Sicherungsanspruch des Architekten von der Leistungserbringung eines Dritten – des Bauunternehmers – abhängig machen wollte, ist durch nichts belegt. Eine solche Voraussetzung entspräche auch nicht dem Zweck der Sicherungshypothek. Denn die Regelung des § 650e BGB ergänzt die Regelung der Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB und beide Sicherungen sollen dem Unternehmer eine Absicherung seiner mit ihm vertraglich vereinbarten Werklohnforderung für die von ihm auf Grund des Vertrages geschuldete Leistung gewähren; Leistungen Dritter können deshalb auch im Rahmen des § 650e BGB nicht Gegenstand der Regelung sein.

Hinzu kommt, dass auch die Verweisungsnorm des § 650q BGB keinen Anhaltspunkt dafür erkennen lässt, dass der Architekt, der seine Planungsleistungen im Regelfall vor Beginn der Bauarbeiten zu erfüllen hat, schlechter gestellt werden soll, als der nach ihm beginnende Bauhandwerker, weshalb der Schutzzweck der Norm, der erhöhte Schutz des vorleistenden Unternehmers, »erst recht« für den Architekten gelten muss.

Setzt damit die Absicherung der Vergütungsansprüche der Architekten durch eine Bauhandwerkersicherungshypothek jedenfalls nach der Neuregelung des Bauvertragsrechts keine entsprechende Wertsteigerung des Grundstücks mehr voraus, bedeutet dies zugleich, dass auch solche Ansprüche durch eine Bauhandwerkersicherungshypothek abgesichert werden können, denen bereits nach ihrer Struktur eine Wertsteigerung nicht gegenüberstehen kann.

Die Antragstellerin begehrt vorliegend die Sicherung ihres Anspruchs auf Architektenhonorar aus dem Architektenvertrag. Ihr Honoraranspruch folgt aus der Schlussabrechnung vom 11. August 2020 i.V.m §§ 650q, 650f Abs. 5 S. 2 BGB. Danach steht dem Architekten, nachdem er den Architektenvertrag berechtigt gemäß § 650f Abs. 5 S. 1 BGB gekündigt hat, ein Anspruch auf die vereinbarte Vergütung zu, wobei er sich dasjenige anrechnen lassen muss, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlassen hat.

Die Höhe, in der die Antragstellerin die gem. § 650f Abs. 1 BGB zu stellende Sicherheit gefordert hatte, entsprach der Differenz zwischen der vereinbarten Pauschalvergütung und den geleisteten Abschlagszahlungen und war von daher nicht zu beanstanden. Unabhängig davon hätte es im Falle eines überhöhten Sicherungsverlangens aber auch der Antragsgegnerin oblegen, eine Sicherheit zumindest in angemessener Höhe anzubieten.

Der Höhe nach hat die Antragstellerin den ihr nach der Kündigung des Architektenvertrages zustehenden Honoraranspruch (§ 650f Abs. 5 S. 2 BGB) durch Vorlage ihrer Schlussabrechnung vom 11. August 2020 nebst Anlagen sowie den im hiesigen Verfahren glaubhaft gemachten Sachvortrag hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Dies ist auch ausreichend, weil die Honorarforderung im Verfahren auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek selbst nicht streitgegenständlich ist. Vor diesem Hintergrund genügt es, wenn dem Gericht eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung des zu sichernden Werklohnanspruchs gemäß § 287 ZPO vorgetragen wird. Dies gilt umso mehr, als der Honoraranspruch der Antragstellerin aus der Schlussabrechnung vom 11. August 2020 aus den nachfolgend dargestellten Erwägungen ohnehin nicht in voller Höhe von 2.552.605,34 € durch eine Bauhandwerkersicherungshypothek sicherbar sind.

Zwar kann der Architekt gemäß §§ 650q Abs. 1, 650e S. 1 BGB die Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstück des Bestellers »für seine Forderungen aus dem Vertrag« verlangen, wozu im Grundsatz auch die Forderung gemäß § 650h Abs. 5 S. 2 BGB gehört.

Vorliegend ist jedoch die Einschränkung in § 650e S. 2 BGB zu beachten, weil die Antragstellerin ihre Leistungen aus dem Architektenvertrag nach ihrem eigenen Vortrag bis zur Kündigung des Vertrages im April 2020 nicht vollständig erbracht hatte. Nach § 650e S. 2 BGB kann der Unternehmer bzw. Architekt, wenn das Werk noch nicht vollendet ist, jedoch die Einräumung einer Sicherungshypothek nur »für einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und für die in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen«. ...

Die Antragstellerin berechnet den Wert ihrer erbrachten Leistungen nachvollziehbar mit 1.601.548,71 € netto / 1.905.842,96 €. Sie hat Rahmen der Schlussrechnung im Einzelnen dargelegt, wie sie den konkreten Leistungsstand bei Kündigung ermittelt und die erbrachten von den nicht (mehr) erbrachten Leistungen abgegrenzt hat. Weiter hat sie ... nachvollziehbar vorgetragen, wie sie den erbrachten Teilleistungen auf der Basis des für die Gesamtleistung vereinbarten Pauschalpreises den maßgeblichen Vertragswert zugeordnet hat. Dies erachtet der Senat vor dem Hintergrund, dass der Honoraranspruch als solcher im hiesigen Verfahren, in dem es nur um die Sicherung durch eine Bauhandwerkerhypothek geht, nicht streitgegenständlich ist, für ausreichend.

Soweit die Antragsgegnerin außergerichtlich bereits Mängel der bis zur Kündigung erbrachten Planungsleistungen gerügt hat, hat die Antragstellerin diese Mängel teilweise bestritten und im Übrigen die Ansicht vertreten, diese seien nicht geeignet, den Honoraranspruch zu mindern, weil die Leistungen für die Genehmigungsplanung bis zur Kündigung noch nicht abgeschlossen und damit nachbesserungsfähig gewesen seien. ...

Der Unternehmer sollte gemäß § 650e S. 2 BGB Sicherung für seinen Werklohn nur in der Höhe erhalten, in der die geleistete Arbeit dem Wert der vereinbarten Vergütung entspricht. Daher ist die mangelhafte Leistung hinsichtlich der zu sichernden Werklohnforderung als nicht vollwertige Leistung angesehen und einer Teilleistung gleichgestellt, weshalb hinsichtlich der Mängel, zumal in Teilen unstreitig, ein Abzug für den Minderwert zu erfolgen hat. Den Abzug für den mangelbedingten Minderwert erachtet der Senat mit den seitens der Antragstellerin dargestellten Beseitigungskosten in Höhe von brutto 35.700,00 € für angemessen und ausreichend berücksichtigt.

Darüber hinaus sind die seitens der Antragsgegnerin erbrachten Abschlagszahlungen in Höhe von 847.875,00 € abzuziehen, sodass ein sicherungsfähiger Honoraranspruch in Höhe von 1.022.267,96 € verbleibt.

Da der Antragstellerin ein Sicherungsanspruch für die bis zur Kündigung nicht erbrachten Leistungen bereits aufgrund der Regelung des § 650e S. 2 BGB nicht zusteht, kommt es auf ihren weiteren Vortrag zur Höhe ersparter Aufwendungen entscheidungserheblich nicht mehr an.

Die Antragstellerin hat daneben einen Anspruch auf Sicherung ihres Anspruchs auf Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.9.2020, § 9 Abs. 2 des Architektenvertrages i.V.m. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB.

Ein Anspruch auf Sicherung der Kosten für die Erwirkung und Eintragung der Vormerkung besteht dagegen nicht. ...

Der Verfügungsgrund wird gemäß § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB unwiderleglich vermutet.

KG Berlin, Beschluss vom 5.1.2021, Az. 27 W 1054/20


Die Entscheidung kann online im Volltext in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes Berlin kostenlos abgerufen werden.


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