Red. Leitsatz
Die Kosten für private, nicht vom Gericht bestellte Sachverständige, sind dem Grunde nach nicht ausgeschlossen, wenn die Teilnahme der Gutachter im Vorfeld der mündlichen Verhandlung mit dem Gericht telefonisch abgesprochen wurde. Die entstandenen Kosten sind aber nur so weit erstattungsfähig, wie ein verständiger Beteiligter, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, in gleicher Weise bzw. in gleichem »Beauftragungsumfang« seine Interessen wahrgenommen hätte. Dies umfasst vorliegend nur Kosten für jeweils einen Gutachter pro Gutachterbüro, und zwar nur dessen Reise- und Übernachtungskosten, die Kosten für die Reisezeit, für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und für die Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung, soweit der dafür in Anspruch genommene Zeitraum erforderlich und angemessen war.
Aus den Gründen
Der nach § 165 i.V.m. § 151 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.07.2024 hat überwiegend Erfolg. Es ergeben sich vorliegend erstattungsfähige Kosten in Höhe von 585,75 €.
Die vom Urkundsbeamten des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs festgesetzten Sachverständigenkosten sind nur so weit erstattungsfähig, wie sie nach § 162 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung für die Beklagte notwendig waren. Demnach ist zwar – entgegen der Ansicht der Kläger – eine Berücksichtigungsfähigkeit der vorliegenden Kosten für private, also nicht vom Gericht bestellte Sachverständige nicht insgesamt bzw. dem Grunde nach ausgeschlossen. Allerdings sind die entstandenen Kosten nicht im vollem Umfang erstattungsfähig, sondern nur so weit, wie ein verständiger Beteiligter, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, in gleicher Weise bzw. in gleichem »Beauftragungsumfang« seine Interessen wahrgenommen hätte. Dies umfasst vorliegend nur Kosten für jeweils einen Gutachter pro Gutachterbüro, und zwar nur dessen Reise- und Übernachtungskosten, die Kosten für die Reisezeit, für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und für die Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung, soweit der dafür in Anspruch genommene Zeitraum erforderlich und angemessen war.
Die Kosten (Aufwendungen) für die beiden Gutachterbüros, die im Auftrag der Beklagten an der mündlichen Verhandlung am 14. März 2024 teilgenommen haben, sind nach § 162 Abs. 1 Alt. 2 VwGO dem Grunde nach erstattungsfähig. Denn die Teilnahme der Gutachter war im Vorfeld der mündlichen Verhandlung vom Senat mit der Beklagten telefonisch abgesprochen worden, weil sich bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch den Senat abzeichnete, dass sich Fragen zu den Immissionsprognosen für beide Klageanträge ergeben würden.
Nach § 162 Abs. 1 Alt. 2 VwGO sind nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten erstattungsfähig. Zwar sind die Kosten für die Beiziehung eines privaten Sachverständigen, auch durch einen Planungsträger, zur mündlichen Verhandlung mit Blick auf den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich nur unter engen Voraussetzungen erstattungsfähig. Eine Kostenerstattung scheidet insbesondere dann aus, wenn es um die Klärung von Fragen geht, deren Behandlung bereits im Verwaltungsverfahren geboten gewesen wäre, und insoweit die Kosten dem Planungsträger als Planungskosten obliegen. Demgegenüber kommt die Erstattungsfähigkeit in Bezug auf Kosten in Betracht, die sich aus der prozessualen Lage eines Vorhabenträgers (vorliegend also der Beklagten als Ergebnisverpflichtete bzgl. der Luftreinhalteplanung) rechtfertigen, einen nachvollziehbaren Bezug zum Vorbringen eines Prozessbeteiligten besitzen und dazu bestimmt sind, vorgetragene Tatsachen zu widerlegen oder zu erschüttern. Als weiteres Kriterium zieht die Rechtsprechung heran, ob das Erscheinen von von der Behörde bereits im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachtern in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende Aufforderung des Gerichts veranlasst wurde.
Vorliegend hatte sich das Gericht vor der mündlichen Verhandlung bei der Beklagten telefonisch erkundigt, ob sie beabsichtige, zur mündlichen Verhandlung Vertreter der beiden Gutachterbüros, deren o.g. Gutachten Grundlage für die letzten Änderungen des Luftreinhalteplans und auch einer von der Beklagten zu diesem Zeitpunkt schon ins Auge gefassten weiteren Fortschreibung waren, mitzubringen. Hätte die Beklagte dies verneint, so hätte das Gericht sie um Teilnahme der beiden Gutachterbüros gebeten. Denn die gerichtliche Nachfrage hatte den Hintergrund, dass eine Erläuterung der o.g. Gutachten, insbesondere der darin zugrunde gelegten Messwerte und darauf basierender Prognosen, in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die von den Klägern gestellten Klageanträge aller Voraussicht nach erforderlich werden würde (ex-ante-Betrachtung). Sinn und Zweck der Beteiligung der Gutachter an der mündlichen Verhandlung war damit auch ein zügiger Abschluss des Verfahrens, ohne dass es hierbei darauf ankäme, inwieweit die Anwesenheit der Gutachter in der mündlichen Verhandlung – ex post betrachtet – tatsächlich zur Klärung des Sachverhalts erforderlich war. Abgesehen davon sprach für die Notwendigkeit der Anwesenheit, dass zum Zeitpunkt der ersten mündlichen Verhandlung am 14. März 2024 von der Beklagten das (später dem Urteil zugrundgelegte) Gutachten vom 15. März 2024 nur auszugsweise und als Entwurf vorgelegt worden war und daher von den Gutachtern »belastbare« (und nicht nur »vorläufige« / »entwurfsartige«) aktuelle Prognosen zu erwarten waren. Ebenso rechnete der Senat mit der Notwendigkeit der Erläuterung auch der »älteren« Gutachten, zum einen »vergleichend« mit dem Gutachten vom 15. März 2024, zum anderen aber insbesondere im Hinblick auf den Hauptantrag, der auf Aufhebung der letzten Anpassung des Luftreinhalteplans gerichtet war. Die Anwesenheit der Gutachter in der mündlichen Verhandlung diente daher insbesondere nicht dazu, etwaige Unklarheiten oder Unvollständigkeiten der »älteren« Gutachten, die bereits im Verwaltungsverfahren hätten aufgedeckt werden können, durch eine mündliche Erläuterung aufzuklären bzw. auszuräumen. Vor diesem Hintergrund war die Teilnahme der Gutachter an der mündlichen Verhandlung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beklagten notwendig. In der (zunächst) fehlenden Information der Kläger über die telefonische Anfrage liegt im Übrigen kein Gehörsverstoß.
Die Kosten für die Gutachter anlässlich der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 14. März 2024 sind aber nicht im gesamten beantragten Umfang erstattungsfähig. Erstattungsfähig sind nur Kosten für jeweils einen Gutachter pro Gutachterbüro, und zwar nur dessen Reise- und Übernachtungskosten, die Kosten für die Reisezeit, für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und für die Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung, soweit der dafür in Anspruch genommene Zeitraum erforderlich und angemessen war.
In § 162 Abs. 1 VwGO fehlt eine nähere Festlegung, welche Aufwendungen im Einzelfall erstattungsfähig sind. In § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist bestimmt, dass die Kostenerstattung auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis umfasst und dass diese entsprechend den für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften zu bemessen ist; diese Regelung ist im Verwaltungsprozess gemäß § 173 Satz 1 VwGO entsprechend anzuwenden. Mit der Regelung wird das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) in Bezug genommen. Die Kostenerstattung von privaten Sachverständigen orientiert sich dabei der Rechtsprechung des Senats folgend an den Regelungen, die für vom Gericht herangezogene Sachverständige gelten würden.
Zur Beurteilung, ob bzw. in welchem Umfang eine Kostenposition im Einzelfall als notwendige Aufwendung erstattungsfähig ist, ist so in einem ersten Schritt auf das JVEG zurückzugreifen. Befasst sich das JVEG nicht oder nur teilweise / (zu) pauschal mit der fraglichen Kostenposition, sind ergänzend die sich allgemein aus § 162 Abs. 1 VwGO ergebenden Grundsätze zur Erstattungsfähigkeit (und die dazu ergangene Rechtsprechung) heranzuziehen.
Eine Beschränkung der Erstattungsfähigkeit auf die notwendigen Aufwendungen gilt dabei auch in zeitlicher Hinsicht. Die Kostenerstattung für Sachverständige ist auf die (objektiv) erforderliche Zeit begrenzt und umfasst nicht den tatsächlich benötigten bzw. im Rahmen des Auftrags durch einen Beteiligten ggf. »überschießend« vereinbarten Zeitaufwand. Die Notwendigkeit einer Aufwendung muss aus der Sicht einer verständigen Partei beurteilt werden. Dabei ist jeder Beteiligte aus dem prozessrechtlichen Verhältnis heraus verpflichtet, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, soweit sich dies mit der Wahrung seiner berechtigten Belange vereinbaren lässt. Speziell zur (ausnahmsweisen) Erstattungsfähigkeit der Kosten privater Sachverständiger lässt sich aus Sicht des Senats wiederum vergleichend auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vergütung von gerichtlich beauftragten Sachverständigen zurückgreifen. Folglich ist dabei – in Zusammenspiel mit dem eben zitierten Kostenminimierungsgebot – als erforderlich nur derjenige Zeitaufwand anzusetzen, den ein Sachverständiger mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen braucht, um sich sorgfältig und adäquat auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung (auf Basis des von ihm schon erstellten Gutachtens) vorzubereiten. Dabei sind der Umfang und der Grad der Schwierigkeit des Streitstoffes unter Berücksichtigung der Sachkunde des Gutachters auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang seines Gutachtens und die Bedeutung der Verwaltungsstreitsache angemessen zu berücksichtigen. Soweit ein Sachverständiger darüber hinaus – auch auf Basis des ihm von einem Beteiligten erteilten Auftrags – tätig wurde, war dies folglich nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendig.
Durch eine so verstandene Begrenzung der Erforderlichkeit aus der objektiven Perspektive eines verständigen Beteiligten, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten und in gleicher Weise seine Interessen wahrgenommen hätte, wird zugleich dem von den Klägern angeführten Art. 9 Abs. 4 Satz 1 AK ausreichend Rechnung getragen.
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BayVGH, Beschluss vom 23.04.2025, Az. 22 M 24.40025
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