Herausforderungen bei der Darstellung von Bauzeitnachträgen
Der folgende Beitrag beleuchtet die zentralen Herausforderungen, die sich bei der Darstellung und Bewertung gestörter Bauabläufe im gerichtlichen Gutachten stellen, und zeigt zugleich auf, wie Sachverständige zur rechtlichen Durchdringung dieser anspruchsvollen Materie beitragen können, ohne dabei ihre neutrale Rolle zu verlieren.
Störungen des Bauablaufs gehören zum Alltag auf nahezu jeder Baustelle. Zeitverzögerungen, Behinderungen oder Leistungsänderungen lösen jedoch nicht nur organisatorische und wirtschaftliche Folgeprobleme aus, sondern führen regelmäßig zu rechtlichen Auseinandersetzungen über Nachträge, Mehrkosten und Fristverlängerungen.
Im Zentrum solcher Streitigkeiten steht häufig das Gerichtsgutachten, in dem der Sachverständige Klarheit über die tatsächlichen Abläufe und deren Auswirkungen schaffen soll. Gerade bei der Bewertung bauzeitlicher Ansprüche stößt die Tätigkeit des Sachverständigen allerdings regelmäßig an ihre Grenzen.
1. Der gestörte Bauablauf – ein Überblick
Ein gestörter Bauablauf liegt vor, wenn der tatsächliche Baufortschritt vom ursprünglich vertraglich geschuldeten Ablauf abweicht. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Änderungen des Bau-Solls, verspätete Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers, nicht rechtzeitig übergebene Vorleistungen, widrige Witterung, Materialengpässe oder auch äußere Einflüsse wie politische Entscheidungen oder Pandemien. Aus rechtlicher Sicht kommen bei gestörten Bauabläufen verschiedene Anspruchsgrundlagen in Betracht, deren technische Voraussetzungen der Sachverständige im Gutachten nachvollziehbar darstellen muss.
So regelt § 2 Abs. 5 und Abs. 6 VOB/B Ansprüche auf Vergütungsanpassung oder zusätzliche Vergütung bei Anordnung geänderter oder zusätzlicher Leistungen. Für das Gerichtsgutachten bedeutet dies, dass der Sachverständige präzise herausarbeiten muss, ob und in welchem Umfang solche geänderten oder zusätzlichen Leistungen tatsächlich angeordnet wurden und ob diese Änderungen ursächlich für eine Bauzeitverschiebung waren.
Dabei genügt es nicht, auf allgemeine Verzögerungen hinzuweisen; vielmehr ist konkret aufzuzeigen, welche zusätzlichen Leistungen zu welchem Zeitpunkt erforderlich waren und welchen Einfluss diese auf den Gesamtbauablauf hatten. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Sachverständige sich maßgeblich auf die technischen Zusammenhänge fokussieren muss und insofern keine Ermittlungsleistung erbringen kann und darf, da im Zivilprozess (anders als im Strafprozess) der Beibringungsgrundsatz herrscht.
Es obliegt also im Zweifel nicht dem Sachverständigen, zu ermitteln, ob es eine Anordnung gegeben hat. Dies ist wohl vielmehr ein Umstand, der dem Zeugenbeweis zugänglich sein dürfte.
Ein weiterer wichtiger Anknüpfungspunkt ist § 642 BGB, der einen Entschädigungsanspruch vorsieht, wenn der Auftragnehmer seine Leistung nicht erbringen kann, weil der Auftraggeber eine notwendige Mitwirkung unterlassen hat. Auch hier muss der Sachverständige klären, ob eine konkrete Mitwirkungspflicht bestand, welche Handlung konkret gefehlt hat und wie sich diese Unterlassung auf den Bauablauf ausgewirkt hat. Ein typisches Beispiel wäre die nicht rechtzeitige Bereitstellung eines Baugrundstücks oder das verspätete Einholen einer erforderlichen Genehmigung.
Daneben kommen auch Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280, 286 BGB in Betracht, etwa wenn der Auftraggeber mit einer notwendigen Vorleistung in Verzug gerät. Entscheidend ist in all diesen Fällen, dass der Sachverständige nicht selbst bewertet, ob die rechtlichen Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen erfüllt sind. Seine Aufgabe besteht ausschließlich darin, die tatsächlichen Abläufe und deren technische Auswirkungen objektiv und nachvollziehbar darzustellen.
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