BauSV 6/2025


Expertenmeinung


Peter Bleutge


Berufsbild Bausachverständige – welche Herausforderungen bietet die Zukunft?

Im Gespräch: Rechtsanwalt Dr. Peter Bleutge, Beirat der Fachzeitschrift »Bausachverständige«, Wachtberg

 

BauSV: Herr Dr. Bleutge, unsere Fachzeitschrift Bausachverständige feiert in diesem Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum. Sie haben sich weit mehr als 20 Jahre in verschiedenen Funktionen den Rechtsfragen zur Bausachverständigentätigkeit gewidmet. Unserer Redaktion haben Sie ebenso lang als Beirat zur Seite gestanden. Wenn Sie die letzten 20 Jahre Revue passieren lassen: Was war(en) in den vergangenen 20 Jahren die größte(n) Herausforderung(en) für Bausachverständige?

Bleutge: Zunächst darf ich darauf hinweisen, dass es den Bausachverständigen bzw. die Bausachverständige fachlich betrachtet nicht gibt. 70 Sachgebiete, die alle von dem Oberbegriff abgedeckt sind (siehe Aufzählung von Dilanas [Praxishandbuch Sachverständigenrecht 6. Aufl. 2021, § 46 Rz. 16] fallen alle unter den Oberbegriff Bausachverständige. Der Gesetzgeber reduziert diese Vielzahl von Sachgebieten auf sechs Sachgebiete (§ 9 JVEG, Anlage 1 zu § 9 ) unter dem Oberbegriff Bauwesen, wobei der Bausachverständige sogar den Rechtsbegriff des Bauvertragswesens gutachterlich ausfüllen darf. Will man also etwas zu Problemen des Bausachverständigen aussagen oder wissen, muss man alle Sachverständigenbereiche berücksichtigen; so gelten beispielsweise Gesetze und Satzungsrecht zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung für alle Sachverständigen in gleicher Weise.

Große Herausforderungen gab es in den letzten 20 Jahren nicht. Hervorzuheben ist jedoch die schleichende Zunahme der Verrechtlichung in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur. Beispielsweise kommt der vom Gericht beauftragte Sachverständige bei der Anwendung des JVEG und der ZPO ohne Inanspruchnahme eines Juristen kaum mehr aus, will er nicht finanzielle Nachteile erleiden. JVEG-Kommentare mit 600 Seiten sind die Regel. Wie soll sich ein Sachverständiger da noch zurechtfinden? Reduzierung des aufgeblähten Gesetzesrahmens für Sachverständige sollte angestrebt werden.

 

BauSV: Wenn wir einen Blick in die »Glaskugel« und auf die Zukunft werfen: Was werden Ihrer Meinung nach die wesentlichen Herausforderungen für Bausachverständige in den nächsten 20 Jahren sein?

Bleutge: Die Entwicklung der Sachverständigentätigkeit in den nächsten 20 Jahren vermag ich nicht abzuschätzen. Entbürokratisierung, Deregulierung, Digitalisierung und KI sind angesagt und teilweise bereits in Sichtweite.

Wichtig und zukunftsgestaltend wären nach meinen beruflichen Erfahrungen die Beseitigung von Überregulierung, Fehlern und Mängeln aus der Vergangenheit sowie Aufklärungsstätigkeit, wie in Deutschland das Sachverständigenwesen organisiert ist. Letzteres wurde in der Vergangenheit von den Bestellungskörperschaften und Berufsverbänden zu wenig herausgestellt. Der große Markt der Nachfrageseite müsste immer wieder darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Gutachtertätigkeit von jedem Freiberufler oder Gewerbetreibenden angeboten und durchgeführt werden kann, und dass es dafür kein spezielles Berufsgesetz oder gesetzlichen Qualitätsnachweis gibt, sondern dass Aufträge nur nach einer eigenen Qualitätsprüfung am Gutachtenmarkt vergeben werden sollten und dass die öffentliche Bestellung ein solches gesetzliches Qualitätsmerkmal ist.

Zusammenfassend kann man sagen: Schaffung von Transparenz im Sachverständigenmarkt und von uneingeschränkten Wettbewerbsmöglichkeiten für öffentlich bestellte Sachverständige. Es kann doch nicht sein, dass öffentlich bestellte Sachverständige bei ihrer sonstigen beruflichen Tätigkeit nicht zusätzlich auf ihre Gutachtentätigkeit hinweisen dürfen.

All das und noch mehr empfehle ich, der sich beruflich 60 Jahre lang mit dem Sachverständigenwesen beschäftigt hat, zwecks Verbesserung, Deregulierung und Übersichtlichkeit des gesamten Sachverständigenrechts. Leider wurden meine zahlreichen Novellierungsvorschläge in der Vergangenheit vom Gesetzgeber nicht realisiert, sondern eher verkompliziert.


Das ganze Interview können Sie in der Dezember-Ausgabe von »Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Abo-Bestellung

PDF-Datei des Beitrags kostenlos herunterladen

 

NEWSLETTER

Der BauSV-Newsletter bietet Ihnen alle zwei Monate kostenlos aktuelle und kompetente Informationen aus der Bausachverständigenbranche.

zur Newsletter-Anmeldung

Zurück zum Seitenanfang