Aktuelle legislative Entwicklungen und weitere Herausforderungen
Der Beitrag soll über aktuelle Entwicklungen im handwerklichen Sachverständigenwesen informieren. Es sollen insbesondere die Neufassung der ZDH-Mustersachverständigenordnung und die Neufassung von § 91 Abs. 1 Nr. 8 Handwerksordnung thematisiert werden. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Handwerkskammern und der Industrie- und Handelskammern gerichtet werden. Ferner sollen Herausforderungen des demographischen Wandels im Sachverständigenwesen aufgezeigt werden.
1. Die neue Mustersachverständigenordnung des ZDH – Ein Paradigmenwechsel?
Im Jahr 2022 hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) eine neue Mustersachverständigenordnung (MSVO) vorgestellt, die inzwischen auch bei (fast) allen Handwerkskammern in eigenes Satzungsrecht umgesetzt worden ist, so auch bei der Handwerkskammer Aachen. Eine der wesentlichen Änderungen betrifft die in § 2 geregelten Bestellungsvoraussetzungen.
Nach der neuen Sachverständigenordnung (SVO) ist eine Eintragung in die Handwerksrolle nicht mehr maßgebliches Bestellungskriterium, sondern die erforderliche fachliche Befähigung. Diese entspricht bei den zulassungspflichtigen Handwerken der Anlage A den persönlichen Voraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle, d.h. all den möglichen Eintragungstiteln der §§ 7 ff. Handwerksordnung (HwO).
Im Gegensatz dazu war in der vorherigen Fassung der MSVO und ihren jeweiligen Umsetzungen in den Sachverständigenordnungen der einzelnen Handwerkskammern in § 2 die Eintragung in die Handwerksrolle als Regelvoraussetzung vorgesehen (entweder als Inhaber eines Betriebes, als Gesellschafter einer Personengesellschaft bzw. als Geschäftsführer oder Vorstand einer juristischen Person oder als Betriebsleiter i.S.v. § 7 Abs. 1 HwO). Es fanden sich aber in § 2 Abs. 3 SVO vielfältige, komplexe Ausnahmeregelungen, sollte eine Eintragung in die Handwerksrolle nicht vorliegen.
So gab es unter anderem besondere Regelungen für Sachverständige, die sich in einem Anstellungsverhältnis befunden haben, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, für Sachverständige, die aufgrund ihrer Berufserfahrung bestellt werden konnten, und schlussendlich in § 2 Abs. 3 Nr. 3 SVO eine Art allgemeine Auffangklausel, auf Basis derer Bewerber bestellt werden konnten, die die o.g. Voraussetzungen nicht erfüllten.
Hat sich nun das Leitbild des handwerklichen Sachverständigen durch diese Änderung gänzlich verändert? Diese Frage kann mit einem klaren Nein beantwortet werden. Weiterhin sind die persönliche Eignung, die weit überdurchschnittliche Qualifikation und eine ausreichende Lebens- und Berufserfahrung ganz zentrale Bestellungskriterien für die von der Handwerkskammer öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen.
Allerdings erlaubt die neugefasste MSVO nun die einfachere Berücksichtigung von Sachverständigenbewerbern, die sich in einem Anstellungsverhältnis unterhalb der Ebene einer technischen Betriebsleitung i.S.v. § 7 Abs. 1 HwO befinden, und auch von hauptberuflichen Sachverständigen.
Die neue MSVO trägt somit den wirtschaftlichen Entwicklungen in (größeren) Handwerksbetrieben Rechnung, erleichtert den Zugang zur Bestellung für hauptberufliche Sachverständige und trägt durch ihre Straffung der Bestellungsvoraussetzungen zu erhöhter Transparenz und Nachvollziehbarkeit für angehende Sachverständige und zu einer deutlich vereinfachten Sachbearbeitung bei. Dies dürfte auch im Kontext des demographischen Wandels und der Nachwuchsgewinnung im handwerklichen Sachverständigenwesen von Bedeutung sein (siehe unten).
2. Die Neufassung von § 91 Abs. 1 Nr. 8 HwO
Mit dem fünften Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 09.06.2021 hat der Bundesgesetzgeber u.a. § 91 Abs. 1 Nr. 8 HwO neu gefasst.
Danach ist es Aufgabe der Handwerkskammer, Sachverständige zur Erstattung von Gutachten zu Leistungen und Tätigkeiten des Handwerks und deren Wert nach den §§ 36 und 36a Gewerbeordnung öffentlich zu bestellen und zu vereidigen. Durch die Neufassung des § 91 Abs. 1 Nr. 8 HwO wurden zwei für die Handwerkskammern und die von ihnen öffentlich bestellten Sachverständigen wesentliche Fragestellungen klar beantwortet.
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