BauSV 6/2025


Top-Thema


Nicolas Schill


Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zur Baukostenreduzierung, rechtlich derzeit möglich?


I. Vorbemerkung

Aufgrund der hohen Baukosten hat die Diskussion wieder zugenommen, durch welche Maßnahmen eine Baukostenreduzierung erreicht werden kann. Die neue Bundesbauministerin Hubertz hat aktuell das Ziel ausgegeben, die Kosten für die Errichtung neuer Wohngebäude zu halbieren. Dieses Ziel soll unter anderem über mehr serielle Vorprodukte erreicht werden, ebenso durch Senkung von Standards.

Die Architekten- und Ingenieurverbände sehen erhebliche Einsparpotenziale, etwa bei der Trittschalldämmung auf Balkonen und Dachterrassen, bei der Nichteinhaltung von DIN-Normen zur Anzahl von Steckdosen und Antennenanschlüssen, bei den Anforderungen an die Barrierefreiheit und generell in der Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik.

Vor diesem Hintergrund möchte die Bundesregierung zukünftig eine Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik nicht mehr automatisch als Mangel gewertet sehen, sofern die Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit eines Bauwerks weiterhin gewährleistet sind.

Wie das konkret umgesetzt werden soll und welcher Maßstab künftig für den bauvertragsrechtlichen Mängelbegriff gelten soll, bleibt abzuwarten. Die frühere Bundesregierung hatte bereits mit dem Gebäudetyp-E-Gesetz einen Vorschlag unterbreitet, nach welchen Maßstäben auf die Einhaltung von allgemein anerkannten Regeln der Technik verzichtet werden kann. Nach dem Entwurf sollte bei Verträgen zwischen fachkundigen Unternehmen die Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik durch Vereinbarung erleichtert werden.

Dies betraf nach dem Entwurf vor allem technische Normen und Regeln, die über reine Komfort- und Ausstattungsstandards hinausgehen, deren Einhaltung aber für die Sicherheit des Bauwerks dennoch nicht unbedingt erforderlich ist. Ein Abweichen von diesen anerkannten Regeln der Technik ohne Vereinbarung sollte bei Verträgen zwischen fachkundigen Unternehmen nicht mehr automatisch einen Sachmangel darstellen.

Nach dem Entwurf sollten die Regelungen nur im Verhältnis zwischen fachkundigen Unternehmern gelten. Darunter sollten Unternehmer fallen, die über Fachkunde verfügen, und dies sollte der Fall sein, wenn diese eine technische Berufsausbildung, Berufserfahrung, Nähe zu dem beruflichen Tätigkeitsfeld und Kenntnis der aktuellen berufsbezogenen Wissensstände im Hinblick auf den Gebäudebau aufweisen.

In diesen Fällen sollte eine vertragliche Vereinbarung über eine Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik nicht mehr voraussetzen, dass der Bauunternehmer den Besteller des Bauwerks über Risiken und Konsequenzen der Abweichung aufklärt. Weiter sollte auch ohne ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung eine Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik unter gewissen Voraussetzungen keine weiteren Ansprüche gegen den Bauunternehmer zur Folge haben.

Nach dem Gesetzesentwurf sollte dies nicht im Verhältnis zu Verbrauchern gelten. Es wurde ausdrücklich klargestellt, dass Verbraucher vor Vertragsschluss darauf hingewiesen werden müssen, in welchen Baubereichen von den Standards abgewichen wird. Sie hätten dann immer die Möglichkeit, einen höheren Standard zu vereinbaren. Bekanntlich wurde dieser Entwurf aufgrund des Bruchs der Koalition nicht umgesetzt.

Bei einer Umsetzung des Entwurfs hätte dies aber auch dazu geführt, dass beispielsweise bei den Bauträgerverträgen zwar der Bauträger mit den Unternehmern eine Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik hätte vereinbaren können, nicht jedoch mit seinen Käufern. In diesem Verhältnis hätte sich dann auch die Frage gestellt, inwieweit der Bauträger mit seinen Käufern eine Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik wirksam vereinbaren kann.

Grundsätzlich stellt sich daher die Frage, ob eine Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik zur Baukostenreduzierung wirksam vereinbart werden kann, ohne dass Risiken für Unternehmen und Architekten / Ingenieure bestehen.


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