
Die korrekte Einordnung von Versicherungsschäden innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) stellt Sachverständige und Regulierer vor erhebliche Herausforderungen. Ein besonders häufiges Missverständnis betrifft den ersten bewohnbaren Bodenbelag. Dieser wird oft fälschlicherweise dem Gemeinschaftseigentum zugerechnet, obwohl er je nach Einbringung als Sondereigentum zu bewerten ist oder durch eine Mietereinbringung möglicherweise vollständig vom Versicherungsschutz gegenüber der Gebäudeversicherung ausgeschlossen wird.
Nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) gehören alle tragenden Bauteile, die Außenhülle des Gebäudes, das Dach sowie gemeinschaftlich genutzte Leitungen zum Gemeinschaftseigentum. Doch beim Bodenbelag kommt es oft zu Fehleinschätzungen: Während der Estrich oder Rohfußboden als Teil des Gemeinschaftseigentums gilt, kann der darauf befindliche erste bewohnbare Bodenbelag – je nach Entstehung – dem Sondereigentum zugeordnet werden.
Besonders problematisch ist dies in der Schadenregulierung: Ein Wasserschaden, der den Bodenbelag beschädigt, wird oft vorschnell der Wohngebäudeversicherung zugeschrieben, obwohl dieser durch eine individuelle Mietereinbringung möglicherweise vom Versicherungsschutz gegenüber dem Gebäudeversicherer ausgeschlossen ist. Allerdings kann eine Mietereinbringung unter Umständen als Surrogat (Ersatz des Gemeinschaftseigentums) gewertet werden, was bedeutet, dass sie trotz Mietereinbringung unter den Schutz der Gebäudeversicherung fallen kann.
Ein Fallbeispiel soll den Unterschied verdeutlichen: Wird durch den Mieter ein Bodenbelag – wie etwa ein Teppich – auf einem schwimmenden Estrich aufgebracht, spielt es in den meisten Versicherungsbedingungen keine Rolle, ob dieser lose verlegt oder vollflächig verklebt wurde. Solche Einbauten gelten zum überwiegenden Teil als Mietereinbringungen und sind damit nicht vom Deckungsschutz der Gebäudeversicherung umfasst.
Anders verhält es sich, wenn der ursprüngliche Bodenbelag dem Mieter vom Gebäudeeigentümer überlassen wurde, dieser jedoch auf Wunsch des Mieters entfernt und im Gegenzug ein anderer Bodenbelag eingebracht wurde, den der Mieter bei Auszug im Objekt belassen muss. In diesem Fall spricht man von einem Surrogat, also einem Ersatz für den ursprünglich vorhandenen, gebäudeeigenen Bodenbelag.
Da hier eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen Mieter und Eigentümer vorliegt und der neue Bodenbelag dauerhaft im Objekt verbleiben soll, geht dieser in das Eigentum des Vermieters über. Die Einbringung wird damit versicherungsrechtlich wie ein fester Bestandteil des Gebäudes behandelt – und fällt unter den Schutz der Gebäudeversicherung.
Sollte diesbezüglich keine Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter vereinbart worden sein, dann kann es sogar schnell zu einem Haftungsanspruch durch Sachbeschädigung kommen, was dann die eventuell vorhandene Haftpflichtversicherung des Mieters mit einbeziehen kann.
Komplexer wird es auch, wenn der eingebrachte Bodenbelag des Mieters qualitativ hochwertiger ist als der ursprünglich vorhandene. In solchen Fällen ist zu prüfen, ob die Gebäudeversicherung lediglich den Wert des ursprünglichen Bodenbelags ersetzt und der Mehrwert – also die Differenz zum höherwertigen Belag – möglicherweise durch eine bestehende Hausratversicherung des Mieters gedeckt werden kann.
Diese Beispiele zeigen, wie entscheidend es ist, die genaue Ausgangslage sowie die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Mieter und Eigentümer in der Schadensbewertung zu ermitteln und wie wichtig eine genaue vertragliche Abgrenzung zwischen Mietern und Vermietern bzw. Eigentümern in einer Eigentümergemeinschaft in der Praxis ist.
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