In der Baurechtspraxis spielt der Sachverständige rund um das einschneidendste Ereignis – die Abnahme – häufig eine wesentliche Rolle.
Ob es um die technische Bewertung der Bauleistung (also die Bewertung, ob wesentliche Mängel vorliegen) geht oder ob vor der Abnahme oder sogar Teilabnahme Baumängel zu dokumentieren sind, der Sachverständige ist häufig mit von der Partie. Insbesondere bei größeren Bauvorhaben wird vor allem für die Vor- und Nachbereitung der Abnahme dessen Expertise benötigt. Die Abnahme ist aber auch für den eigenen Werklohnanspruch des Sachverständigen im Falle einer privaten Beauftragung von Bedeutung. Denn dessen Vergütung wird erst mit der Abnahme fällig.
I. Die Teilabnahme
Eine Teilabnahme ist in Verträgen unter Einbeziehung der VOB/B möglich, wenn der Auftragnehmer dies verlangt und ein »in sich abgeschlossener Teil« der Bauleistung abgenommen werden soll.
Nach der Rechtsprechung des BGHs ist der Begriff des in sich abgeschlossenen Teils einer Leistung eng auszulegen. Keine in sich abgeschlossenen Teile der Bauleistung sind einzelne Teile eines Rohbaus, wie zum Beispiel eine Betondecke oder ein Stockwerk. Grundsätzlich können Leistungsteile innerhalb eines Gewerks also nicht als abgeschlossen angesehen werden, da es ihnen regelmäßig an der Selbstständigkeit mangelt, die eine eigenständige Beurteilung der Teilleistung ermöglicht.
Dies kann bei klarer räumlicher oder zeitlicher Trennung der Leistungsteile eines Gewerks anders zu beurteilen sein. Eine ausreichende räumliche Trennung kann etwa dann angenommen werden, wenn die Leistungsteile an verschiedenen Bauwerken, wie etwa an mehreren zu errichtenden Häusern, zu erbringen sind. Entscheidend ist, ob eine funktionale und in sich selbstständig beurteilbare Teilleistung vorliegt.
Einen besonders interessanten Fall hat das OLG Düsseldorf in der Vergangenheit entschieden. Es ging dabei um die Neuerrichtung eines Justizzentrums. Hierbei handelt es sich um einen Komplex aus mehreren Gebäuden, die aneinander anschließen bzw. miteinander verbunden sind (Bauteile A bis F). Der AN wurde mit den Dachdeckerarbeiten beauftragt. Das Bauteil F ist deutlich niedriger als die übrigen Bauteile und ist mit anderen Bauteilen baulich verbunden. Der AG erklärt eine Teilkündigung aus wichtigem Grund (§§ 4 Abs. 7, 8 Abs. 3 VOB/B) nur bzgl. des Bauteils F und einem Verbindungsgang zwischen Bauteil A und Bauteil B, welche heute nach der Rechtsprechung des BGH bereits aus anderen Gründen unwirksam wäre.
Auch bei einer Teilkündigung des Bauvertrags ist das Vorliegen einer – insoweit deckungsgleich wie bei der Teilabnahme – »in sich abgeschlossenen Leistung« erforderlich. Das Vorliegen einer »in sich abgeschlossenen Leistung« hat das OLG Düsseldorf hier verneint. Denn Leistungsteile innerhalb eines Gewerks können nur dann als abgeschlossen angesehen werden, wenn eine klare zeitliche und räumliche Trennung vorliegt (ggf. auch im Rahmen der vertraglichen Gestaltung).
Die hier betroffene Leistung betraf nur das Gewerk der Dachdeckerarbeiten, die ferner einen einheitlichen Gebäudekomplex betrafen. Es handelte sich bei den Dächern des Bauteils F und des Verbindungsgangs nicht um räumlich von den übrigen Dächern klar getrennte Bauwerke, sondern um Teile eines einheitlichen Gebäudekomplexes. Es liegt nicht dieselbe Situation vor wie z.B. bei der Errichtung zahlreicher Einzelhäuser in einer Neubausiedlung. Das Gleiche gilt demnach auch bei der Abwägung, ob eine Teilabnahme möglich ist.
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