Am 20./21. September 2024 fanden wieder die Freiburger Baurechtstage im Konzerthaus Freiburg statt. Die diesjährige Tagung stand im Zeichen besonders zukunftsweisender Praxisthemen. Prof. Dr. Jochen Glöckner, LL.M., begrüßte das vollständig ausgebuchte Auditorium im Freiburger Konzerthaus; dort war auch der für Bausachen zuständige 7. Senat des Bundesgerichtshofs in voller Entscheidungsstärke anwesend.
Danach führt Rechtsanwältin Prof. Dr. Iris Oberhauser in die Tagungsthemen ein: Am Vormittag ging es um das Ende der Erfüllungsphase bei Bauverträgen. Hierzu hielt Rechtsanwältin Anna Stretz, Maître en Droit, den ersten Vortrag zum Thema »Die Beendigung des Bauvertrages durch Abnahme«. Nach der ersten Kaffeepause sprach VRiOLG Hans-Joachim Rast über »Die vorzeitige Beendigung des Bauvertrages durch Kündigung«. In seiner Praxis bekomme er häufig Akten, in denen zur Abnahme nichts vorgetragen werde: »Da möchte man die Akte am liebsten an die Wand klatschen. Mit der e-Akte macht man das aber nur einmal …« Sein Rat: Es helfe, wenn man zur Abnahme vortrage, selbst wenn es keine Abnahme gegeben habe. Das sei wichtig für die Beurteilung, wo man rechtlich in der Sache stehe. Danach präsentierte Rechtsanwalt Dr. Edgar Joussen seinen Vortrag über »die Beendigung des Bauvertrages (ohne Stattfinden) der Abnahme«. Dabei sprach er auch an, wie es um die Abnahmesurrogate steht.
Am Nachmittag ging es um das Bauen in der Zukunft. Der erste Fachvortrag befasste sich mit dem seriellen und modularen Bauen. Erik Bossong, aus dem Bereich Forschung und Entwicklung der GROPYUS AG, erläutert aus technischer Sicht die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Vorteile aus praktischer Sicht. Die Wertschöpfung finde im Werk statt durch vorfertigende Produktion von Bauteilen, u.a. durch Einsatz von Robotik. Das spare Bauzeit auf der Baustelle.
Danach erläuterte Rechtsanwalt Dr. Daniel Junk die rechtliche Einordnung und Folgen des modularen und seriellen Bauens. Die erste Frage laute: Kaufvertrag oder Bauvertrag? Mit Recht wies Prof. Dr. Jochen Glöckner nach den Vorträgen darauf hin, dass wir Juristen nicht »aus Liebe zu Problemen« unsere bisherigen Probleme mit in diese neue Technik nehmen sollten!
Der letzte Fachvortrag des Tages von Prof. Stefan Leupertz, RiBGH a.D., behandelte die anerkannten Regeln der Technik als Element des Mangelbegriffs. Die einzige Funktion der a.R.d.T. sei die Sicherheit, die der Besteller bekomme, wenn er sich darauf verlassen könne, dass er eine Bauleistung bekomme, die technisch in der Praxis bewährt sei; der Besteller dürfe also erwarten, dass die Bauleistung eine entsprechende Lebenserwartung habe. Der Verzicht auf die Einhaltung der a.R.d.T. habe aber entgegen weit verbreiteter Auffassung keinen negativen Einfluss auf die vertraglich geschuldete Qualität und Funktionstauglichkeit der Bauleistung: »Wenn du es genau wissen willst, hol dir Sachverstand.«
Danach ging es um den Referentenentwurf des BMJ vom 21. Juni 2024 zum Gebäudetyp E. Der Entwurf werfe Dinge durcheinander, die nichts miteinander zu tun haben, vor allem bei § 650a Abs. 3 BGB-E. Wenn man das Baurecht vereinfachen wolle, müsse man das anders machen. Die Ankündigung des Referenten: Neben Sinn und Unsinn des Referentenentwurfs werde es am Ende des Vortrags auch einen »Aufruf zum zivilen Ungehorsam« geben.
Nach dem wissenschaftlichen Tagesprogramm folgte die traditionelle Gelegenheit, sich beim legendären Abend im Roten Bären bei leckerem Essen und erfrischenden Getränken informell weiter fachlich auszutauschen.
Am zweiten Tag startete die Tagung nach einer Einführung durch Prof. Stefan Leupertz, RiBGH a.D., mit dem ersten Fachvortrag von Prof. Dr. Sarah Legner, die die Folgen des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) für das Bauvertragsrecht darstellte. Der Schwerpunkt ihrer Darstellung zur Vertragsgestaltung im Baurecht nach der Reform des Personengesellschaftsrechts durch das MoPeG lag bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).
Danach ging es um unzulässige Rechtsberatung durch den Architekten, dargestellt durch RiOLG Tobias Rodemann. Die Prüfung einer Schlussrechnung (i.d.R. dürfe man das machen) könne nämlich durchaus in Ausnahmefällen in eine unerlaubte Rechtsberatung abkippen, wenn sich der Architekt nicht auf seine planerisch-gestaltende Tätigkeit beschränke. Folge: Teil- oder Gesamtnichtigkeit? Und wie ist es dabei um die Haftung bestellt?
Der Schlussvortrag war ein echtes Highlight: Architekt und Projektentwickler Klaus Wehrle referierte über Bauen, Planen und Nachhaltigkeit. Wohnen müsse bezahlbar sein. Juristen müssten dabei immer in Horrorszenarien denken. Er wurde seinem Anspruch, aufzuzeigen, wem das Bauen zugutekomme, mehr als gerecht: nämlich den Menschen, die dort später einziehen sollten.
Die nächsten Freiburger Baurechtstage werden am 19./20. September 2025 stattfinden. Auch wir werden wieder mit dabei sein.
Die Redaktion »Bausachverständige«