Pflege der »wilden Klimawand« an einem Bürogebäude am Fraunhofer-Campus in Stuttgart-Vaihingen
Nicht nur bei Gestaltung und Bepflanzung, auch in Bezug auf das Pflegekonzept musste bei der wilden Klimawand umgedacht werden. Oberstes Ziel ist nicht eine ansehnliche, ordentliche Fläche, sondern der Erhalt und die Förderung von Vielfalt. (Foto: Helix)
  • 04.02.2025

Neuer Leitfaden für biodiversitätsfördernde Fassadenbegrünung

Eine außergewöhnliche Fassadenbegrünung in Stuttgart hat in den letzten zwei Jahren für Aufsehen gesorgt. Installiert wurde sie im Rahmen der beiden Forschungsprojekte »BioDivFassade« und »Die wilde Klimawand« an einem Bürogebäude am Fraunhofer-Campus in Stuttgart-Vaihingen. Das Besondere daran: Hier sollte untersucht und gezeigt werden, wie sich mit einem innovativen Grünfassadensystem die Vielfalt der Wiesenflora und -fauna in die Vertikale und somit in dicht bebaute Räume bringen lässt und zugleich etwas für die Artenvielfalt als auch die Klimaresilienz der Städte getan werden kann.

Das mediale Interesse an dem Projekt war von Anfang an groß. Selbst das ARD-Filmteam von der »Sendung mit der Maus« war zweimal zu Gast und berichtete. Und auch Preise gab es: Gleich zwei Auszeichnungen konnte man bei der »DGNB Sustainability Challenge«, dem Innovationswettbewerb der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. 2024, abräumen.

Jetzt, zum Ende der Forschungsarbeit wurde der »Leitfaden für biodiversitätsfördernde Fassadenbegrünung – Wilde Klimawände für Stuttgart« veröffentlicht, der das gesammelte Wissen der letzten Jahre zusammenfasst. Er zeigt Interessierten auf, welche positiven Auswirkungen eine solche vertikale Bepflanzung für das direkte Umfeld hat und was man bei der Realisation bedenken und beachten sollte.


Ökosystem für den urbanen Raum

Bei den Forschungsprojekten arbeitete das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) eng mit dem Institut für Landschaftsplanung und Ökologie (ILPÖ) sowie dem Institut für Akustik und Bauphysik (IABP) der Universität Stuttgart zusammen. Als Partner holte man sich die Helix Pflanzensysteme GmbH, Spezialist für Gebäudebegrünung aus Kornwestheim, mit ins Boot. Basierend auf wissenschaftlichen Analysen und langjähriger gärtnerischer Erfahrung entwickelte und erprobte das interdisziplinäre Team aus Forschung und Praxis die wilde Klimawand und erstellte auch gemeinsam den aktuellen Leitfaden.

Julian Käß, Umweltschutztechnikingenieur bei Helix, war von Anfang an dabei und schwärmt: »Ich habe dabei unheimlich viel Neues gelernt. Denn obwohl bei dem Projekt unsere seit Langem bewährten wandgebundenen Fassadenbegrünungssysteme ›Biomura‹ und ›Elata‹ als Grundlage zum Einsatz kamen, mussten wir uns hier ganz neuen Herausforderungen stellen.«

Üblicherweise werden konventionelle Wandbegrünungen nämlich in erster Linie nach ästhetischen Gesichtspunkten geplant. Deshalb entscheidet man sich zumeist für eine überschaubare Anzahl von immergrünen Gewächsen, die bereits gezeigt haben, dass sie sich auch in der Vertikalen zuverlässig und dicht entwickeln. Bei der Auswahl für die wilde Klimawand lag der Fokus dagegen vollständig auf der Biodiversität. Erforscht wurde, welche heimische Vegetation sich für Grünfassaden eignet und welchen Insekten und Kleintieren sie Lebensraum sowie Nahrung bietet.

Neben unterschiedlichen Wildstauden, Kräutern und Gräsern kamen daher auch Beikräuter wie Klee zum Einsatz, denn sie sind insbesondere für Wildbienen wichtige Nektar- und Pollenquellen. Durch das zusätzliche Einbringen von Nisthilfen sowie mineralischen und organischen Materialen wurden zudem ideale Voraussetzungen für die Ansiedlung unterschiedlicher heimischer Tierarten geschaffen.

»Aber nicht nur bezüglich Gestaltung und Bepflanzung, auch in Bezug auf das Pflegekonzept musste bei der wilden Klimawand umgedacht werden. Oberstes Ziel ist nicht eine ansehnliche, ordentliche Fläche, sondern der Erhalt und die Förderung von Vielfalt. Die Vegetation wird daher in regelmäßigen Abständen nur sehr behutsam zurechtgestutzt. Selbst vertrocknete oder abgestorbene Pflanzenteile werden nicht komplett entfernt, denn sie bilden wichtige Habitate für die Tierwelt«, erläutert Käß.

»Im Leitfaden zeigen wir u.a., welche Pflegemaßnahmen zu welcher Jahreszeit durchgeführt werden sollten und wie es dabei gelingt, verschiedene Brutstätten zu schützen und zugleich Brandschutzvorgaben einzuhalten. Außerdem wird aufgelistet, was die regelmäßige Pflege einer entsprechend gestalteten Fassade kostet. Wir bleiben dabei übrigens nicht unkonkret und vage, sondern geben genau an, wie hoch die Kosten pro Quadratmeter sind. Das unterscheidet den Leitfaden deutlich von anderen Publikationen in diesem Bereich.«


Kostenlos downloadbar

Für Interessierte steht der »Leitfaden für biodiversitätsfördernde Fassadenbegrünung« zum kostenlosen Download auf der Website von Helix bereit. Auf 147 Seiten sind die Ergebnisse der Studien allgemeinverständlich formuliert und aufbereitet. Ziel der Veröffentlichung ist es, Grünfassaden als Maßnahmen zur Klimaanpassung und Biodiversitätsförderung greif- und anwendbar zu machen und so deren Verbreitung zu unterstützen.

Neben den allgemeinen Informationen finden sich in der Publikation auch einige gezielte Inhalte für Fach- und Expertengruppen wie Planende der Disziplinen Landschaftsarchitektur und Architektur, Mitarbeitende städtischer Einrichtungen sowie des Garten- und Landschaftsbaus.

»Wer sich schon etwas länger mit Gebäudebegrünung befasst, wird sich jetzt vielleicht denken: Bitte nicht noch ein Leitfaden zum Thema!«, sagt Käß augenzwinkernd. »Aber ich möchte alle ermuntern, ihn sich genauer anzuschauen. Er unterscheidet sich tatsächlich von bisherigen Veröffentlichungen und enthält viele wichtige neue Aspekte. Wir haben uns bei der Erstellung bemüht, alle Grundlageninformationen zur Fassadenbegrünung, die man bereits an anderen Stellen nachlesen kann, wegzulassen oder auf ein Minimum zu reduzieren. Stattdessen haben wir den Fokus ganz und gar auf die biodiversitätsfördernden Aspekte der neuartigen wilden Klimawand sowie die mikroklimatischen Auswirkungen gelegt.«

 

Helix Pflanzensysteme GmbH
Ludwigsburger Str. 82
70806 Kornwestheim
Telefon: 07154 8301-10
Telefax: 07154 8016-19
E-Mail: info@helix-pflanzensysteme.de
Internet: www.helix-pflanzensysteme.de


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