BauSV 3/2025


Top-Thema


Florian Englert, Kilian Seitle


Das Problem mit dem Boden

Eine kurze vergabe-, zivil- und öffentlich-rechtliche Betrachtung


Ohne Baugrund geht das Bauen nicht, so erkannte die Problematik des zwar untersuch- aber nie zu 100% erfassbaren Mediums schon der Pionier des Baurechts, Prof. Hermann Korbion. Doch wo Neues entstehen soll, muss dafür Sorge getragen werden, dass Altes verschwindet. Der ausgehobene Boden muss also entweder einer neuen Verwendung oder aber einer entsprechenden Deponierung – auch unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes – zugeführt werden.

Die Art des Bodens und das Ausmaß an Kontamination sind damit schon von Anfang an zu bestimmen, um sowohl bei der Vergabe als auch bei der Ausführung keine bösen Überraschungen zu erleben. Schließlich ist auch noch darauf zu achten, dass auch die Behörde nicht übersehen wird, diese hat immerhin darüber zu wachen, dass die einschlägigen öffentlich-rechtlichen Normen eingehalten werden. Nachfolgend sollen kurz die wesentlichen Punkte aus vergabe-, zivil- und öffentlich-rechtlicher Sicht beleuchtet werden.


I. Vergaberechtliche Probleme

Das Vergaberecht normiert in seiner bieterschützenden Ausgestaltung die Spielregeln für den (öffentlichen) Auftraggeber.


1. Auftragswertschätzung

Schon vor der Bekanntmachung ist erst einmal eine Kostenschätzung vorzunehmen, um abzuklären, ob eine EU-weite Vergabe nötig ist, wenn die entsprechenden Schwellenwerte (für Bauleistungen: 5.538.000 EUR) überschritten sind. Die entsprechende Auftragswertschätzung i.S.d. § 3 VgV im Bereich der Entsorgung von Aushubmaterial ist hierbei immer mit entsprechenden Sicherheitszuschlägen vorzunehmen. Die Vergabekammer stellte aber auch fest, dass an die Schätzung des Auftragswertes keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen, solange die marktüblichen Preise berücksichtigt werden und die Bodenklassifikation regelrecht erfolgte.


2. Das Leistungsverzeichnis

Für das Aufstellen des Leistungsverzeichnisses ist sodann insbesondere § 7 EU VOB/A (fast gleichlautend wie § 7 VOB/A) zu beachten. Das LV soll so aufgestellt werden, dass alle Bieter in der Lage sind, ein sicheres Angebot abzugeben, ohne ein ungewöhnliches Wagnis einzugehen. In Bezug auf Entsorgungskosten ist dies oftmals nicht so einfach, da ein gewisses Risiko verbleibt, welches unter Umständen den Auftraggeber treffen wird, sollte vertraglich nichts anderes vereinbart sein. Gerade § 7 EU VOB/A zeigt klar, dass die VOB im Ganzen im Rahmen der Risikoverteilung auch beim Baugrundrisiko (zu welchem auch das Entsorgungsrisiko zählen muss) grundsätzlich der Vergabestelle die Verantwortung für die zutreffende Ermittlung der Mengen und auch des Vorzufindenden im Leistungsverzeichnis zuweist.

Denn auch ein ungewöhnliches Wagnis darf dem Bieter nicht aufgebürdet werden. Ein solches wird im Baubereich bereits angenommen, wenn der Auftragnehmer auf Umstände und Ereignisse keinen Einfluss hat, deren Auswirkung auf die Preise und Fristen folglich nicht im Voraus schätzen kann, aber dennoch das Risiko übernehmen muss.


3. Die Eventualposition

Das größte Missverständnis im Zusammenhang mit § 7 EU VOB/A liegt hier wohl in Bezug auf Bedarfs- oder Eventualpositionen vor, welche viele Probleme lösen können. Diese sind grundsätzlich nicht vorgesehen, jedoch immer dort zulässig, wo nach Ausschöpfung aller örtlichen und technischen Erkenntnismöglichkeiten zum Zeitpunkt der Ausschreibung objektiv nicht feststellbar ist, ob und in welchem Umfang Leistungen aufgeführt werden müssen. Ein Risiko kann also für die Vergabestelle als auch für die Bieter durch entsprechende Positionen vermieden werden, wenn entsprechende Eventualpositionen eingebracht werden.


4. Vorsicht Leistungsänderung!

Zuletzt ist auch immer an § 132 GWB zu denken, immerhin würde bei wesentlichen Leistungsänderungen ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden müssen. Hier kommt in Bauaufträgen natürlich unter anderem der Ausnahmetatbestand der »unvorhersehbaren Änderung« des § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GWB zu tragen, jedoch muss die Änderung tatsächlich unvorhersehbar gewesen sein. Dies ist jedoch für den Fall, dass der Auftragsgegenstand von vornherein mit Unsicherheiten behaftet war, wenn der Auftraggeber bei der Vertragsgestaltung alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Unsicherheiten ausschöpft und aus der Ungewissheit folgende Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung als Überprüfungsklausel oder Option (z.B. Eventualpositionen) nutzt.

Dass in einem derartigen Fall pro Änderung der Leistung eine Obergrenze von 50% des ursprünglichen Auftragswertes besteht, sollte auch bedacht werden. Ebenso, dass mehrere Änderungen nicht missbräuchlich mit dem Ziel, die Vorschriften des GWB zu umgehen. Sämtliche Änderungen sind gem. § 132 Abs. 5 GWB im Amtsblatt der EU bekanntzumachen.


5. Fazit

Vergaberechtlich ist somit eine gute Vorbereitung des Vergabeverfahrens von erheblicher Bedeutung: Ein solides Baugrundgutachten mit der Möglichkeit der Abschätzung der zu erwartenden Kontaminationen und deren Mengen ist ebenso unverzichtbar wie die umfassende Information der Bieter. Hierzu lohnt auch immer ein Blick in die entsprechenden ATV der VOB/C, insbesondere in die Abschnitte 0, wie übrigens auch in § 7 EU Abs. 1 Nr. 7 VOB/A gefordert.

 
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