BauSV 3/2025


Baurecht


Johannes Jochem


HOAI 202X

Sachverständigengutachten zur Überarbeitung der Honorarberechnung in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)


Honoraransprüche bei Änderungen 

Zahlungsansprüche von auftragnehmenden Architekten und Ingenieuren bestehen typischerweise aus Honorarforderungen, die zu Beginn »bei Vertragsunterzeichnung« mehr oder weniger konkret festgelegt sind. Häufig findet sich eine exemplarische Honorarberechnung als Verhandlungsgrundlage oder als Vertragsanlage. Nach den Vorstellungen der Vertragsbeteiligten und insbesondere der zur Zahlung verpflichteten Auftraggeber soll es hierbei im besten Fall bleiben und das Projekt insgesamt reibungslos und zügig durchgezogen werden.

Dies gelingt aus vielerlei Gründen selten. Der Gesetzgeber des Bauvertragsrechts hat daher bereits im Jahre 2018 mit den neu in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügten § 650b BGB und § 650c BGB Änderungsanordnungsrechte des Bauauftraggebers und Vergütungsregelungen des Bauunternehmers gesetzlich normiert. Für das Architektenhonorar wurde seinerzeit (2018) keine spezifische gesetzliche Regelung aufgenommen oder die HOAI (damals 2013) geändert. Die HOAI 2021 übernahm die in Betracht kommende Vorschrift des § 10 im Wesentlichen unverändert.

Nun haben die beiden Ministerien der letzten Legislaturperiode (»Ampel«) Bundeswirtschaftsministerium und Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen zwei Gutachten zur Überarbeitung der HOAI (Planungsbereichsgutachten und Honorargutachten) in Auftrag gegeben. Dieser zweiteilige Prozess entspricht demjenigen von 2013, der Novellierung, die die größten Veränderungen zu Leistungsbildern und Honoraren zum Inhalt hatte.

Die Novellierung 2021, die durch die europäische Rechtsprechung veranlasst war, hatte an diesen beiden Aspekten nicht gerüttelt, sondern sich hauptsächlich mit der Frage von »verbindlichen Preisen« befasst. Am 17.01.2025 wurde der Endbericht des zweiten Gutachtens abgeschlossen. Welche Erkenntnisse ergeben sich zum Architektenhonorar bei Änderungen?

Neben den bei Vertragsunterzeichnung im Fokus stehenden Honoraransprüchen können zusätzliche Honoraransprüche bestehen, für die Honorarnachträge gefunden werden müssen. Ferner können Zahlungsansprüche auch aus sogenannten Entschädigungszahlungen bestehen. Entschädigungszahlungen sind vor allem als Rechtsfolge nach freier Kündigung des Bauherrn (ohne wichtigen Grund) bekannt und in diesem Bereich in der Praxis mehr oder weniger gut handhabbar. Nicht so einfach ist die Ergebnisfindung zu Entschädigungsansprüchen wegen fehlender Mitwirkungshandlungen des Bestellers oder Verzögerungen, die hiermit zusammenhängen.


Zunächst zu Honorarnachträgen

Mit der HOAI 2013 war eine insgesamt neue Regelung in § 10 HOAI ins Leben gerufen worden. Dies ist auch heute noch DIE Regelung, die sich mit den Honorarfolgen bei Änderungen der Architekten- oder Ingenieurleistungen befasst und vor allem zwei Komponenten enthält. Sie regelt in Absatz 1, dass bei Änderungen der Honorarberechnungsparameter »anrechenbare Kosten« angepasst werden kann. In Absatz 2 ist derzeit geregelt, dass wiederholt zu erbringende Grundleistungen zusätzlich mit einem Honorar zu vergüten sind.

Diese beiden Rechtsfolgen sind mit § 10 im Rahmen der Novelle 2013 neu geschaffen worden. Vorher hatte es in der HOAI 2009 lediglich eine Feststellung dahingehend gegeben, dass Änderungen nicht von den Leistungsbildern der HOAI erfasst seien, weswegen man sich sinngemäß einen irgendwie gearteten Zusatzanspruch hinzudenken musste. Der Endbericht 2025 löscht den bisherigen § 9 und zieht diesen § 10 nun als neuen § 9 nach vorn.

Die Strukturierungen in Absatz 1 und 2 sind beibehalten, jedoch vertauscht worden. Aus dieser »Rochade« ergibt sich daher in etwa: § 10 Abs. 2 soll § 9 Abs. 1 HOAI (gG, gemäß Gutachten) und § 10 Abs. 1 soll § 9 Abs. 2 gG werden. In den Gesetzgebungsmechanismus ist mit dem Gutachten indes noch nicht eingetreten worden und auch der nun vorliegende Koalitionsvertrag »Verantwortung für Deutschland« nimmt hierauf keinen Bezug.

Unter Praktikern gehören Änderungen zum normalen Planungsablauf. Insbesondere für die Planungstätigkeit in den frühen Leistungsphasen 1–3 hört und liest man, Planungsaufgabe sei ja gerade die »Ergebnisfindung« oder das »Sich-heraus-Entwickeln« einer Vorstellung anhand verschiedener Varianten, wozu der Auftraggeber weisungsbefugt oder Ähnliches sei, denn seine Vorstellungen gelte es zu verwirklichen. Diese Diskussion lässt sich auf die Kernfrage konkretisieren: Was ist eine Änderung – und was ist keine? 

Um diese Fragestellung ein für alle Mal zu umgehen – oder besser gesagt mit »alles ist KEINE Änderung« zu beantworten –, hatte im Frühsommer des Jahres 2016 der Deutsche Baugerichtstag e.V. eine These zur Diskussion gestellt, die Leistungsphasen 1–3 aus der Anwendung des § 10 HOAI auszuklammern, wonach der § 10 erst ab der Leistungsphase 4 Anwendung fände. Die These war von dem Gedanken getragen, dass für die Honorarberechnungsgrundlage »anrechenbare Kosten« ohnehin die Beträge der Kostenberechnung gelten (Kostenberechnungsmodell).

Schließt die Leistungsphase 3 mit der Kostenberechnung ab, so würden alle vorher getätigten Überlegungen hiermit ebenfalls abgeschlossen. Eine Regelung zu zusätzlichen anrechenbaren Kosten könne damit obsolet sein. Auf eine überwiegende Zustimmung ist diese These in dem rechtspolitischen Gremium, das es sich auf die Fahne geschrieben hat, Empfehlungen an den formellen Gesetzgeber abzugeben, nicht gestoßen. Eine etwaige Reduzierung des Anwendungsbereichs stand ebenso wenig in den neuen Gutachten zur Debatte. Es bleibt daher auch in absehbarer Zukunft bei dieser Kernfrage, und zwar im Bereich aller Leistungsphasen.

 
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