BauSV 6/2024


Rechtsprechungs-Report | Bauvertragsrecht


Eva-Martina Meyer-Postelt


Ohne Bauhandwerkersicherheit keine Mängelbeseitigung


1. Ein Unternehmer kann grundsätzlich auch dann noch eine Bauhandwerkersicherung verlangen, wenn er nur noch Mängelbeseitigungsmaßnahmen vorzunehmen hat. Wird die Sicherheit nicht gestellt, ist der Unternehmer berechtigt, die Mängelbeseitigung zu verweigern.

2. Nach Beendigung des Nacherfüllungsstadiums besteht der Vergütungsanspruch des Unternehmers jedoch nur, soweit die Leistung mangelfrei erbracht wurde. Ist die Leistung mangelhaft, hat der Unternehmer nur Anspruch auf die um den Minderwert aufgrund der Mängel gekürzte Vergütung.

3. Dieser Minderwert ist zu ermitteln anhand der auf die mangelhaften Leistungen anteilig entfallenden Vergütung, die gem. § 287 ZPO zu schätzen ist.

4. Nach Beendigung des Nacherfüllungsstadiums kann eine Nacherfüllung und folglich auch ein Vorschuss zur Mängelbeseitigung vom Besteller nicht mehr verlangt werden.

OLG Schleswig, Urteil vom 24.07.2024 – 12 U 75/23


Zum Sachverhalt

Der Beklagte A hatte die Klägerin, die Unternehmerin U, mit der Herstellung von außen liegenden Betonflächen beauftragt, und zwar in der Weise, dass gefärbter Beton eingebaut werden sollte. Die U hat die Betonarbeiten erbracht, den Beton allerdings nicht eingefärbt, sondern imprägniert. A hat nach deren Fertigstellung Mängel an den Betonflächen gerügt und die Abnahme verweigert, ebenso wie die Zahlung des Restwerklohns an U. Außerdem hat A die U zur Mängelbeseitigung aufgefordert – im Ergebnis allerdings ohne Erfolg.

Zur Absicherung ihres Restwerklohnanspruchs hat U zunächst unter Fristsetzung von A eine Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB gefordert und die Ausführung von etwaigen Mängelbeseitigungsarbeiten von der fristgerechten Übergabe der Bauhandwerkersicherheit abhängig gemacht. A hat die von U gesetzte Frist reaktionslos verstreichen lassen und die Bauhandwerkersicherung nicht geleistet. Darauf hat U den Werkvertrag gekündigt. Erst nach der Kündigung wurde die Sicherheitsleistung im Auftrag des A hinterlegt.

Im Rechtsstreit hat die U von dem A Restwerklohn in Höhe von ca. 14.000,00 Euro beansprucht. Widerklagend hat der A von der U die Zahlung von Vorschuss zur Mängelbeseitigung in Höhe von ca. 37.000,00 Euro verlangt. Das Landgericht hat den A zur Zahlung des verlangten Restwerklohns verurteilt. Die Widerklage des A auf Vorschusszahlung zur Mängelbeseitigung hat das Landgericht abgewiesen.

Dagegen legt der Beklagte A Berufung ein. Diese hat in der Sache beim OLG nur zum Teil Erfolg, nämlich soweit sich der A gegen die Stattgabe der Klage des U auf Restwerklohn wendet, die das OLG in Abänderung des Urteils des Landgerichts abweist. Soweit sich der B mit seiner Berufung auch gegen die landgerichtliche Abweisung seiner Widerklage auf Mängelkostenvorschuss wendet, hat die Berufung keinen Erfolg.


Aus den Gründen

Der Klägerin U steht gegen den Beklagten A ein Anspruch auf Zahlung von restlichem Werklohn in Höhe von 13.970,79 Euro aus § 631 BGB nicht zu. Es lag zwar ein Abrechnungsverhältnis vor und die entsprechende Werklohnforderung, welche das Landgericht zutreffend in der genannten Höhe ermittelt hat, ist fällig. Denn der Vertrag wurde von der U mit Schreiben vom 06.12.2022 gekündigt, nachdem vom A die angeforderte Sicherheitsleistung nicht fristgerecht erbracht wurde. Eine Hinterlegung von 13.970,79 Euro durch den A als Sicherheit erfolgte nachweislich erst am 15.12.2022 und damit erst nach der Kündigung des Vertrags.

Die Kündigung wurde zwar seitens des A nach § 174 BGB zurückgewiesen, jedoch findet § 174 BGB auf Rechtsgeschäfte, die vom Prozessbevollmächtigten in einem anhängigen Rechtsstreit vorgenommen werden, keine Anwendung. Es kann damit auch dahinstehen, ob die Sicherheit (Hinterlegung) nach Höhe und Art als Sicherheit nach § 650f BGB ausreichte, weil sie jedenfalls erst nach der Vertragskündigung erfolgte. Die U war auch berechtigt, den Vertrag nach erneuter erfolgloser Fristsetzung zur Leistung der Sicherheit zu kündigen, wodurch das Nacherfüllungsstadium beendet wurde, mit der Folge, dass der Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen fällig wurde.

Ein Unternehmer kann grundsätzlich auch noch dann Sicherheit verlangen, wenn er noch Mängelbeseitigungsmaßnahmen vorzunehmen hat. Wird die Sicherheit nicht gestellt, so ist der Unternehmer berechtigt, die Mängelbeseitigung zu verweigern. Das Sicherungsbedürfnis ist insofern so lange schutzbedürftig, wie durch Nacherfüllung ein unverminderter Vergütungsanspruch verdient werden kann. Nachdem der Unternehmer insofern erfolglos eine angemessene Frist gesetzt hat, ist er zur Kündigung nach § 650f Abs. 5 BGB berechtigt. Der BGH nimmt auch an, dass der Auftraggeber mit erneutem fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist zur Sicherheitsleistung mit der Ankündigung die Vertragserfüllung danach zu verweigern, bereits die endgültige Abrechnung des Vertrags herbeiführen kann.

Nach Beendigung des Nacherfüllungsstadiums besteht der Vergütungsanspruch des Unternehmers jedoch nur, soweit die Leistung erfüllt, d.h. mangelfrei erbracht wurde; somit unter Berücksichtigung etwaig vorhandener Mängel. Ist die Leistung in Teilen mangelhaft, so hat der Unternehmer nur Anspruch auf die um den Minderwert aufgrund der Mängel gekürzte Vergütung. Dieser Minderwert ist, in Ansehung der Rechtsprechung des BGH zum Schadensersatz, anhand der auf die mangelhaften Leistungen anteilig entfallenden Vergütung zu ermitteln, welche gemäß § 287 ZPO zu schätzen ist.

Aufgrund der Feststellungen des Landgerichts steht zur Überzeugung des Senats fest, dass durch die Klägerin, wie auch der eingeschaltete Sachverständige nachvollziehbar festgestellt hat, insgesamt eine mangelhafte Leistung erbracht wurde, weil nicht die Aufbringung einer Imprägnierung, sondern die Einfärbung des Betons in einer bestimmten Farbe geschuldet war. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Ausführlich und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages nach Beweisaufnahme festgestellt und der von der Klägerin behaupteten Vertragsänderung eine Absage erteilt.

Da die Klägerin keinen eingefärbten Beton geliefert hat, sondern diesen nachträglich imprägniert hat, hat sie nicht die vertraglich geschuldete Leistung erbracht. Nach den Feststellungen des Sachverständigen kann der entsprechende Mangel nur durch Neuherstellung, die der Sachverständige auf mindestens netto 30.700,00 Euro ermittelt hat, beseitigt werden. Das Gericht schätzt aufgrund dessen den Minderwert der Leistung, welchen der Beklagte erhalten hat, gemäß § 287 ZPO auf mindestens die Höhe der geltend gemachten Werklohnforderung.

Vor diesem Hintergrund besteht der geltend gemachte restliche Vergütungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten nicht mehr. Der Beklagte kann widerklagend von der Klägerin nicht den geltend gemachten Vorschuss zur Mängelbeseitigung verlangen. Durch die Kündigung der Klägerin ist das Nacherfüllungsstadium beendet worden, sodass eine Nacherfüllung und folglich auch ein Vorschuss zur Mängelbeseitigung, mit dem sich dieser Anspruch fortsetzt, von dem Beklagten nicht mehr verlangt werden kann.


Anmerkung

Das OLG geht davon aus, dass das Abrechnungsverhältnis erst nach der Kündigung eingetreten ist. In diesem Sinne gibt es in der obergerichtlichen Rechtsprechung allerdings keine einheitliche Auffassung. Mit dem fruchtlosen Ablauf der Frist zur Leistung der Bauhandwerkersicherheit stand dem Unternehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Dazu, ob in einem solchen Fall allerdings alle Mängel nach Minderwert abzurechnen sind, d.h. diejenigen, bei denen die Frist zur Mängelbeseitigung vor der Frist nach § 650f BGB abgelaufen ist oder nur diejenigen Mängel, die später neu aufgetreten sind und dann erst nach der Kündigung gerügt werden, gibt es bislang keine einheitliche Rechtsprechung.

EMMP


Den ganzen Beitrag können Sie in der Dezember-Ausgabe von »Bausachverständige« lesen.
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