BauSV 4/2024


Bauschäden

Abb. 2: Massiver mikrobieller Befall an der Decke und den Wänden im OG

Christoph Portner, Claudia Essig


Überraschungen bei der Erkundung von Fußbodenaufbauten im Bestand


1 Einleitung

In Deutschland sind nach Angaben des statistischen Bundesamtes über 22 Mio. Wohnungen in der Zeit zwischen 1949 bis 1993 gebaut worden [1]. Viele von diesen sowie viele ältere sind in diesen Jahren auch renoviert worden. Insgesamt sind deutschlandweit über 34 Mio. Wohnungen in der entsprechenden Baualtersklasse vorhanden. Daneben sind viele öffentliche, Gewerbe- und Industriegebäude in den Jahren errichtet oder instand gesetzt worden.

Häufig werden Leitungen ausgetauscht oder neue Beläge auf Böden oder Wänden aufgebracht. Wasserschäden in Gebäuden führen meist auch zu einer Vernässung der Fußbodenaufbauten. Bei der Bauteilöffnung ist, insbesondere bei Altbauten, mit ungewöhnlichen Leitungswegen, diversen Aufbauten und auch mit Schadstoffen zu rechnen. Schimmelpilze, Schwammbefall oder Fäkalkeime können durch den schadensursächlichen Rohrbruch oder durch Überflutung eingespült werden.

Gebäudeschadstoffe wie Asbest, künstliche Mineralfasern oder polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind dagegen in vielen Fällen durch schicke neue Oberbodenbeläge verdeckt. Nicht nur im Rahmen einer Modernisierung erleben Bauherren und Handwerker häufig Überraschungen im Fußbodenaufbau. Auch bei Wasserschäden entpuppt sich so mancher Aufbau bei der Kernbohrung als »Überraschungsei«.

Insbesondere, wenn ein Objekt bereits augenscheinlich saniert wurde, ist es überraschend, auf alte asbesthaltige Floor-Flex-Platten zu stoßen oder unter dem neuen Fußbodenbelag auf das alte Parkett mit einem schwarzen Kleber auf einem schwarzen Estrich. Da kommt dann manchmal bei einer notwendigen Kernbohrung die zweite Überraschung gleich mit dazu: PAK und Asbest!

Auch der schöne Hohlboden mit Calciumsilikatplatten und Anhydridestrich im Büroneubau kann durchaus für überraschte Gesichter bei allen am Bau Beteiligten sorgen.

Wenn im Neubau aus dem Estrich plötzlich Pilze wachsen, wo laut Bauherr an dieser Stelle gar kein Holz sein dürfte, erlebt er spätestens nach dem Einsatz von schwerem Gerät, Bohrhammer oder Ähnlichem den Unterschied zwischen Planung und Baupraxis. Z.B. werden Lagerungs- oder Schalungshölzer in der Praxis gerne mit eingebaut, die dann nicht mehr sichtbar sind. Außer es entsteht eine zarte Pilzkultur.


1.1 Schimmelbefall mit Asbest

Ein Wasserschaden, der durch einen Rohrbruch verursacht wurde, kann durchaus längere Zeit im Verborgenen bleiben. Manchmal sind die Umstände und die Erkenntnisse vor Ort durchaus kurios. In einer Dachgeschosswohnung in einem Mehrfamilienhaus war der Abfluss der Dusche verstopft. Der beauftragte Rohrreiniger war sehr gründlich und hat die Reinigungsspirale sehr tief in die Abwasserleitung eingebracht. Das Wasser lief wieder ab und die Mieterin konnte wieder duschen. Also alles klar?

Weit gefehlt! In den Wochen nach der Rohrreinigung wurden durch den Hausmeister pflichtbewusst mehrfach Wasserpfützen im Treppenhausflur unter der Wohnung entfernt (Komisch – aber es hat sich ja sonst keiner beschwert?). Dann kam der Mieter aus der Wohnung unterhalb der besagten Wohnung aus seinem sechswöchigen Urlaub zurück. Alles in seiner Wohnung war plötzlich bunt und pelzig.

Als Ursache wurde dann schnell die Dusche in der darüber liegenden Wohnung lokalisiert. Das Wasser folgte der Schwerkraft und verteilte sich im darunter liegenden Geschoss. Ein Sanierer wurde eingeschaltet, ein Feuchtekataster erstellt und es sollten Kernbohrungen in den beiden Etagen zur Erkundung der mikrobiellen Besiedlung durchgeführt werden.

In der Dachgeschosswohnung wurde bei der Kernbohrung alte Mineralwolle als Dämmmaterial festgestellt. Diese war total nass. Eine mikrobiologische Untersuchung war somit nicht mehr erforderlich, da die Mineralwolle ohnehin entfernt werden musste. Nach der Bohrung durch das Laminat in der darunter liegenden Obergeschosswohnung kam der Anruf vom Probennehmer: »Unter der Trittschalldämmung sind sehr alte Hart-PVC-Platten«.

Eine Probe hiervon wurde direkt zum Labor gebracht und am nächsten Tag kam die Bestätigung: Asbesthaltige Floor-Flex-Platten und asbesthaltiger Kleber. Das hat erst einmal zu einem Baustopp der Schimmelsanierung geführt. Bei der anschließenden detaillierten technischen Erkundung wurden in den nicht kernsanierten Wohnungen des Mehrfamilienhauses aus den 1960er-Jahren in allen Räumen Floor-Flex-Platten unter den neuen, nicht verklebten Oberbodenbelägen entdeckt.

In einer anderen Wohnung wurden unterhalb der neuen Bodenfliesen schwarze Kleberreste auf dem bauzeitlichen Estrich entdeckt. Die Floor-Flex-Platten hatte man bereits entfernt, aber die Asbestsanierung war unvollständig. Sie konnte in dieser Wohnung nicht mit emissionsarmen Verfahren erfolgen, sondern in einem umfangreich eingerichteten Schwarzbereich mit Folienschottung, Unterdruckhaltung und Schleuse. Dafür mussten u.a. die gefahrstoffrechtlichen Vorgaben der TRGS 519 [2] sowie der Gefahrstoffverordnung [3] beachtet werden. 

Auch wenn auf den ersten Blick hier der Schimmel die betreffenden Wohnungen in den schönsten Farben und Mustern dekorierte und das Auge somit abgelenkt war, war die Schimmelsanierung hier das kleinste Problem. Der Erkundungsbefund »Asbest im Fußbodenbelag« sorgte zwar für einen höheren Kosten- und Sanierungsaufwand, aber durch die Beprobung vor dem Abbruch konnte eine Havarie und damit eine Gefährdung von Handwerkern, Mietern und Eigentümern durch die gefährlichen Stäube vermieden werden.


Den ganzen Beitrag können Sie in der August-Ausgabe von »Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Abo-Bestellung

Diesen Beitrag finden Sie auch zum Download im Heftarchiv.

 

NEWSLETTER

Der BauSV-Newsletter bietet Ihnen alle zwei Monate kostenlos aktuelle und kompetente Informationen aus der Bausachverständigenbranche.

zur Newsletter-Anmeldung

Zurück zum Seitenanfang