BauSV 3/2025


Rechtsprechungs-Report | Bauvertragsrecht


Eva-Martina Meyer-Postelt


Zur Abnahme von Mängelbeseitigungsleistungen


1. Bei einem VOB/B-Vertrag beginnt nach Abnahme der Mängelbeseitigungsleistung für diese Leistung eine Verjährungsfrist von zwei Jahren neu. Kommt es jedoch nicht zu einer Abnahme, wird keine (neue) Verjährungsfrist in Gang gesetzt.

2. Der Auftraggeber hat bei einem VOB/B-Vertrag eine nicht verwertete Gewährleistungssicherheit spätestens zwei Jahre nach deren Ausstellung zurückzugeben, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart worden ist.

3. Vereinbaren die Parteien nach Vertragsschluss, dass die Gewährleistungssicherheit erst dann zurückzugeben ist, wenn eventuelle Mängelgewährleistungsansprüche verjährt sind, entfällt das Zurückbehaltungsrecht, wenn die Gewährleistungsansprüche verjährt sind.

OLG Schleswig, Urteil vom 12.02.2025 – 12 U 9/23


Zum Sachverhalt

Die Klägerin K begehrt von der Beklagten B Zahlung von Werklohn und Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft. Die B errichtete als Bauherrin eine Wohnanlage mit mehreren Gebäudekomplexen. Sie beauftragte die K mit den Rohbauarbeiten. Die Geltung der VOB/B wurde vereinbart. Die Abnahme der Leistungen der K erfolgte am 30.06.2015. Die K übergab der B eine Gewährleistungsbürgschaft. Nach Abnahme erbrachte die K weitere Arbeiten für das Bauvorhaben. Diese stellte sie als Stundenlohnarbeiten mit insgesamt fast 30.000 Euro brutto in Rechnung.

Nach der Abnahme rügt die B gegenüber der K Mängel. Die Mängelbeseitigungsarbeiten, die die K daraufhin durchführt, hält die B für unzureichend und zahlt den restlichen Werklohn nicht und gibt der K auch die Gewährleistungsbürgschaft nicht zurück, was die K zur Klage veranlasst. Das Landgericht hat der Klage auf Werklohn und Herausgabe der Bürgschaft vollumfänglich stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die B Berufung eingelegt, die das OLG u.a. im Hinblick auf die Bürgschaft zurückweist.


Aus den Gründen

Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte B zu Recht zur Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaft gem. § 17 Abs. 8 VOB/B i.V.m. §§ 371, 765 BGB verurteilt, da die Bürgschaftsverpflichtung mit Erlöschen der Hauptforderung erloschen ist. Nach § 17 Abs. 8 Nr. 2 Satz 1 VOB/B hat der Auftraggeber eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach Ablauf von zwei Jahren nach Ausstellung zurückzugeben, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart wurde. Danach wäre die Bürgschaftsurkunde grundsätzlich bereits seit Anfang März 2018 herauszugeben.

Nach der Rückgaberegelung in § 17 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B darf der Auftraggeber Sicherheiten aber auch zurückbehalten für Mängelansprüche, die er vor Ablauf der zwei Jahre bzw. vor dem vereinbarten Rückgabezeitpunkt geltend gemacht hat. Hier haben die Parteien – wohl unter konkludenter Abbedingung von § 17 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B – zum Rückgabezeitpunkt vereinbart, dass die Bürgschaft erst dann zurückzugeben ist, wenn eventuelle Mängelgewährleistungsansprüche verjährt sind, sodass die B auch noch später entstandene Mängelansprüche unter die Bürgschaft fassen konnte. Damit entfällt ein Zurückbehaltungsrecht, zu dessen konkreter Höhe hier auch nicht vorgetragen wurde, wenn die Gewährleistungsansprüche verjährt sind. Das ist hier der Fall.

Der Zeitpunkt der Abnahme ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche gem. § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B endete demnach grundsätzlich nach vier Jahren am 30.06.2019. Zu einer wirksamen Hemmung der Verjährungsfrist ist es in dem letztlich insgesamt in Rede stehenden Zeitraum nicht gekommen. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass § 13 VOB/B noch weitere Regelungen für eine eigenständige Verjährung vorsieht. So beginnt gem. § 13 VOB/B Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Beseitigung gerügter Mängel in zwei Jahren neu, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Abs. 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist.

Diese Regelung führt jedoch im vorliegenden Fall nicht zu einer für die B günstigeren Beurteilung. Die B hat zwar etwa Ende 2017 Mängel gegenüber der K gerügt, die daraufhin in 2018 auch Mängelbeseitigungsarbeiten durchgeführt hat, die die B für nicht ausreichend hält. Damit ist ein Anspruch auf Beseitigung der damals gerügten Mängel spätestens Ende 2020 verjährt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass gem. § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 3 VOB/B nach Abnahme von Mängelbeseitigungsarbeiten eine Verjährungsfrist von zwei Jahren ebenfalls neu beginnt, deren Voraussetzungen jedoch vorliegend nicht gegeben sind.

Die Verjährungsfrist gem. Satz 3 beginnt erst mit Beendigung und mit Abnahme von durch den Auftragnehmer erbrachten Mängelbeseitigungsarbeiten. Wenn es im VOB-Vertrag nicht zu einer Abnahme der Mängelbeseitigungsleistungen für die Mängel aus 2017/2018 kommt – wie die B hier in ihrer Berufung behauptet –, wird eine neue zweijährige Verjährungsfrist gem. Abs. 5 Nr. 1 S. 3 nicht in Gang gesetzt. Keinesfalls führt die fehlende Abnahme zu einer »ewigen« Hemmung der Verjährungsfrist. Nach alledem ist dem Landgericht darin zu folgen, dass die Gewährleistungsbürgschaft an die Klägerin zurückzugeben ist.


Anmerkung

Die Beurteilung des OLG dürfte im Ergebnis zutreffend sein. Die Aussage des Senats, dass die fehlende Abnahme von Mängelbeseitigungsarbeiten nach deren Durchführung und Fertigstellung nicht zu einer »ewigen Hemmung der Verjährungsfrist« führt, ist allerdings ziemlich »dünn«. Das OLG hätte sich zu seinen Überlegungen gerne noch eingehender äußern dürfen, etwa dazu, welcher Rechtsgedanke aus anderen, ähnlichen Zusammenhängen Grundlage für das gefundene Ergebnis war. Seine Überlegungen hat der Senat aber leider nicht mitgeteilt.

Schließlich gilt, wenn kein förmliches Abnahmeerfordernis besteht, kann die Mängelbeseitigung auch konkludent abgenommen werden. Haben die Parteien dagegen eine förmliche Abnahme der Leistung vereinbart, ist stets durch eine Auslegung des Vertrags zu ermitteln, ob nach der Abnahme durchgeführte Mängelbeseitigungsarbeiten ebenfalls förmlich abzunehmen sind. Und – neben der Hemmung und Quasi-Unterbrechung der Verjährung nach § 13 Abs. 5 VOB/B kommt auch ein Neubeginn der vereinbarten Verjährungsfrist in Betracht, wenn die Mängelbeseitigungsmaßnahme als Anerkenntnis des Auftragnehmers zu werten ist.

EMMP

 
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